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Wiedersehen

Vor 70 Jahren war in Freiburg der Krieg zu Ende

Peter Kalchthaler
  • Mo, 20. April 2015, 00:00 Uhr
    Freiburg

     

Morgen sind es genau 70 Jahre, dass der Zweite Weltkrieg in Freiburg endete: Am 21. April 1945 rückten französische Truppen in die stark zerstörte Freiburger Innenstadt ein.

Das historische Luftbild stammt vermutlich aus dem April 1945. Foto: privat
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Als am 21. April 1945 um 16.30 Uhr französische Panzer in die Innenstadt fuhren, wurde kein Widerstand mehr geleistet. Auch die Sprengung der Dreisambrücken war ausgeblieben.

Der Freiburger "Kampfkommandant" Generalmajor Rudolf Bader hatte den Befehl zur Brückensprengung nicht ausführen lassen. Dazu beigetragen hatten beherzte Bürger wie die Herdermer Geschäftsfrau Philomene Steiger (1896 bis 1985), die den General in seinem Gefechtsstand auf dem Jägerhäusle davon überzeugen konnte, Freiburg nicht wie befohlen "bis zum letzten Mann und zur letzten Frau" gegen die anrückenden Franzosen zu verteidigen. Als "Retterin Freiburgs" blieb sie auch nach dem Krieg im Gedächtnis und erhielt kurz vor ihrem Tod die Ehrenbürgerwürde.

Die Franzosen betraten 1945 ein schwer getroffenes Gemeinwesen. Allein der große Luftangriff ein halbes Jahr zuvor am 27. November 1944 hatte weite Teile der Innenstadt zerstört und fast 2000 Menschen das Leben gekostet. Die Bevölkerung war kriegsmüde, viele waren ins Umland geflohen oder evakuiert. Es fehlte an Wohnungen und Nahrung für die Menschen in der von 100 000 auf 60 000 Bewohner geschrumpften Stadt.

Eine Vorstellung vermittelt die berühmte historische Luftaufnahme rechts aus dem Frühjahr 1945, die von Südwesten her aufgenommen wurde und den Münsterplatz und seine Umgebung zeigt. Die Hauptstraßen sind schon geräumt und wieder befahrbar, aber in vielen Nebenstraßen liegen noch meterhoch die Trümmer.
Alle Folgen der großen BZ-Serie über die Freiburger Stadtgeschichte: Wiedersehen

Nördlich des Münsters zum Karlsplatz, rund um das Siegesdenkmal, zwischen Kartoffelmarkt und Friedrichring und zwischen Münsterplatz und Bertoldsbrunnen hatten Spreng- und Brandbomben ihr schreckliches Werk verrichtet. Zunächst wurde das Gebiet mit Sprengstoff "aufgeschlossen", wie es im Militärjargon hieß, danach in Brand gesetzt. Kaum ein Stein blieb auf dem anderen.

Wenige Einzelbauten sind noch erkennbar geblieben: das Gesellschaftshaus der "Museumsgesellschaft" an der Münstergasse, links am Bildrand der Chor der Martinskirche oder die völlig ausgebrannte Karlskaserne am oberen Bildrand rechts neben dem Siegesdenkmal. Von den Geschäftshäusern an der Adolf-Hitler-Straße (heute Kaiser-Joseph-Straße) steht nur noch die ausgebrannte Ruine des Kaufhauses "Hettlage" (heute Douglas-Filiale) kurz vor dem Denkmal links neben der Straße. Der massive Betonbau hatte den Sprengbomben widerstanden und besteht neu ausgebaut bis heute.

Das Münster blieb unversehrt
Freiburgs historische Mitte, das Münster, war nahezu unversehrt erhalten geblieben. Angesichts der Trümmer rings umher ein schier unbegreifliches Wunder. Das Luftbild dokumentiert auch die damals schon geleistete Arbeit der "Dachdeckergruppe" mit zahlreichen Jugendlichen aus der Münsterpfarrei und den angrenzenden Gemeinden, der es noch im Winter 1944/45 gelang, das weitgehend durch den Luftdruck der Bombenexplosionen abgedeckte Dach mit neuen Ziegeln einzudecken. Sie stehen als helle Flächen neben wenigen dunklen Partien alter Ziegel.

Baulich weitgehend intakt geblieben war der südöstliche Quadrant der Altstadt Richtung Oberlinden und Schwabentor (im Bild unten rechts). Vermutlich hat der Wind die Gefechtsfeldmarkierungen am 27. November 1944 nach Nordwesten abgetrieben, so dass keine Bomben auf dieses Quartier gefallen sind.

Die erhaltenen Straßenzüge und das Münster wurden zur Richtschnur für den Wiederaufbau. Schon in den ersten Nachkriegsjahren entschied sich die damalige Freiburger Stadtplanung gegen einen modernen und verkehrsgerechten, sondern stattdessen für einen den historischen Freiburger Traditionen folgenden Ausbau der Stadt.

Dies war schon nach wenigen Jahrzehnten weitgehend gelungen, wie die neuere Luftaufnahme aus gleicher Perspektive – aufgenommen 1994 – zeigt. An die Grundprinzipien, die Hochbauamtschef Joseph Schlippe und seine Mitarbeiter nach dem Krieg aufgestellt haben, hat sich die Freiburger Stadtplanung bis heute weitgehend gehalten. Heute wirkt Freiburg vielfach wie eine alte Stadt, die in manchen Straßen einfach modernisiert worden ist. Der Blick auf das Luftbild vom Frühjahr 1945 löst deshalb noch immer bei den meisten Betrachtern großes Erstaunen aus.

Ressort: Freiburg

Dossier: Regionalgeschichte , Wiedersehen

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