Genuss
Was darf's sein? Mocktail, Tocktail oder Cocktail?
Der Genuss ist nach wie vor auch im Glas gefragt. Aber den Kater am nächsten Morgen will man meiden. Wie Cocktails mit weniger und auch ohne Alkohol schmecken können, verraten Experten.
Heidemarie Pütz (dpa)
So, 21. Sep 2025, 7:00 Uhr
Gastronomie
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"Bitte einen Cocktail mit wenig Alkohol!" Oder vielleicht ganz ohne? Bitten, die vor wenigen Jahren noch abschätzige Blicke an der Bar ernteten, sind heute die Regel. Alkoholfreie oder alkoholarme Drinks werden immer beliebter. "Es geht nicht mehr um den Rausch, sondern um den Genuss", sagt Barmanager Rocco Tolomeo vom Hotel The Fontenay in Hamburg. Seit der Pandemie werde mehr mit Vernunft konsumiert. Nicht nur an der Bar, sondern auch zu Hause ist immer öfter weniger mehr oder gar nichts genau richtig. Eine Neuerfindung sind diese Getränke jedoch nicht. Viele Klassiker wie ein Garibaldi aus Campari und O-Saft sind Low-ABV-Drinks. So nennen Experten Getränke mit wenig Alkohol (Low Alcohol by Volume).
"Mocktails sind schon länger als alkoholfreie Varianten von gängigen Cocktails bekannt wie Virgin Colada statt Pina Colada oder Ipanema, der alkoholfreie Caipirinha", sagt Thomas Weinberger von der Destillerie Lantenhammer im bayerischen Hausham. Mocktail ist eine Wortschöpfung aus "to mock" (nachahmen) und Cocktail. Alkohol ist längst nicht mehr die Voraussetzung für hochwertigen Trinkgenuss. "Es ist ein Mythos, dass Promille nötig sind, um Spaß zu haben. Die Qualität der Drinks sowie die Atmosphäre spielen eine viel größere Rolle. Ein liebevoll zubereiteter Mocktail, der geschmacklich und optisch überzeugt, kann genauso begeistern wie ein Cocktail mit Alkohol", schreibt Linh Nguyen in ihrem Buch "Like a Virgin. Die Mocktail Bibel".
Die Erwartung an einen alkoholfreien Drink liegt inzwischen weit jenseits von Fruchtsaftgemisch und süßem Sirup. Alkohol einfach wegzulassen und Säfte mit Sirup zu vermischen, ist für erfahrene Profis hinter der Bar nicht mehr zeitgemäß. Auch Destillerien haben sich mit ihren Spirituosen angepasst und alkoholfreie Varianten auf den Markt gebracht. Barexperte und Buchautor Stephan Hinz aus Köln beobachtet, dass Drinks mit reduziertem Alkohol seit einigen Jahren deutlich das Segment in der Bar sind, das am meisten wächst.
Große Nachfrage: extra Barkarten
Etliche Bars bieten extra Karten für leichte und alkoholfreie Drinks an. Leichte alkoholische Drinks ermöglichen dem zweifachen deutschen Cocktail-Vizemeister Sebastian Jäger aus Saarbrücken, "da auf Alkohol zurückzugreifen, wo es dem Geschmackserlebnis dient, und bei den Zutaten, bei denen es Alternativen gibt, darauf zu verzichten". Die Möglichkeiten beim Mixen würden vielfältiger. "Und der Kater bleibt dennoch aus", so der Experte.
Für Rocco Tolomeo ändert sich am Handwerklichen nichts. Egal, ob alkoholisch, nicht-alkoholisch oder wenig alkoholisch, es wird geshakt, gerührt und "im Glas gebaut". Beim Shaken werden die Zutaten mit Eiswürfeln in einen Shaker gegeben, geschüttelt und meist durch ein Barsieb ohne Eis in ein vorgekühltes Glas abgeseiht, erklärt Jäger. Beim Rühren werden die Zutaten in einem "Mixing Glas" mit Eiswürfel gerührt und dann abgeseiht. "Da die meisten Drinks mit reduziertem Alkoholgehalt Filler enthalten, also etwa Tonic, Soda oder Crémant, werden sie überwiegend ,gebaut', das heißt, direkt im Gästeglas zubereitet", erklärt Hinz. Neben dem Spritz spielen auch klassische Getränkekategorien wie Collins, Fizz, Mule oder Highball eine immer größere Rolle.
Rezepturen fordern Erfindungsreichtum
Ein klassischer Highball ist etwa ein Gin Tonic. "Heute könnte man stattdessen einen Ricordino Tonic zubereiten und so den Alkoholgehalt glatt halbieren", empfiehlt Hinz. In seinen Kölner Bars Little Link, Grace & Grape und Punky Panda können Cocktails mit niedrigerem Alkoholgehalt auch komplexer ausfallen. Für den "Strüssje Cocktail" gibt Hinz' Team zum fruchtig-floralen Aperitif Kalyx Maraschino, Veilchen, Grapefruit und Limette dazu und shakt den Drink mit Eiweiß. Die Schaumkrone wird zum Schluss mit Blütenstaub garniert.
Rocco Tolomeo sieht als entscheidenden Unterschied, dass die Drinks mit anderen Grundprodukten zubereitet werden. Für Mocktails gilt etwa: "Man muss sich mehr Gedanken machen, wenn der Alkohol als Geschmacksträger ausfällt. Dafür setzen wir verstärkt Kräuter, Gewürze, Früchte und Gemüse ein", sagt der Hamburger Barmanager. Dadurch wird der Cocktail geschmacklich intensiver und komplexer. Das gilt auch für Varianten mit weniger Alkoholgehalt.
Extravagante Tocktails
Linh Nguyen liebt Mocktails auf der Basis von Tee. Mit etwas Alkohol werden Tocktails daraus. "Tee hat immer etwas Erfrischendes und Anregendes", erklärt die Autorin. Sie mischt etwa grünen Tee oder Jasmintee mit Aloe Vera-Sirup und Eiswürfeln. Mit etwas Marillenlikör bekommt der Drink eine leichte Umdrehung und eine Fruchtkomponente.