Freiwilligendienst
"Wertvolle Erfahrungen fürs Leben gesammelt"
Fr, 26. April 2024, 10:46 Uhr
Verlagsthema
Verlagsthema Mahnoor Khan absolviert seit Oktober 2023 ihr FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) im Siloah St. Trudpert Klinikum Pforzheim. Diese Zeit hat ihre Sichtweise auf das Gesundheitswesen grundlegend verändert.
BZ: Warum haben Sie sich für ein FSJ entschieden? Was waren die ersten Schritte?
Khan: Ich hatte gerade mein Abitur absolviert und wusste, dass ich danach nicht direkt studieren wollte. Da ich kein planloses Gap Year machen wollte und schon lange den Traum habe, Medizin zu studieren, überlegte ich mir, ein FSJ im Krankenhaus zu machen, um dort erste Erfahrungen zu sammeln. Ich habe mich im Siloah St. Trudpert Klinikum Pforzheim beworben und dabei die Zusammenarbeit mit der Diakonie Baden, dem Träger von Freiwilligendiensten wie das FSJ, kennengelernt."
BZ: Wie sieht ein typischer Tag im Krankenhaus aus?
Khan: Meistens begleite ich eine Pflegekraft und unterstütze sie bei der Körperpflege der Patienten, beim Verbandswechsel, beim Beine wickeln und beim Wechseln des Inkontinenzmaterials. Außerdem darf ich die Vitalwerte der Patienten messen. Hier wurde mir beigebracht, wie man den Blutdruck richtig misst. Abgesehen davon bringe ich die Patienten zu ihren Untersuchungen wie zum Röntgen oder zu einer Magen- oder Darmspiegelung, bei denen ich auch zuschauen durfte.
Dadurch, dass ich mein FSJ auf einer sogenannten Kurzliegerstation mache, auf der täglich Patienten kommen und gehen, lerne ich viel über die verschiedensten Krankheitsbilder. Besonders interessant ist es, wenn ich bei der Visite mitlaufe und zuhören kann, was der Patient für Symptomatiken hat und was die Ärzte für den Patienten als nächstes geplant haben. Ich hatte auch das Glück, Ärzten beim Durchstechen eines Ports und bei einer Aszites Punktion (Entfernen von Flüssigkeit aus dem Bauchraum) zu assistieren.
BZ: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Kollegen?
Khan: Ohne die großartigen Kollegen auf meiner Station, würde das FSJ nur halb so viel Spaß machen. Ich bin extrem dankbar dafür, dass ich so nett aufgenommen wurde, alle so geduldig mit mir sind und mir ihre Krankenhaus- welt gezeigt haben. Trotz meiner anfänglichen Überforderung hatte ich nie das Gefühl, dass ich stören würde. Ich war überrascht, dass sich manche Kollegen trotz Stress die Zeit dafür genommen haben, mir Krankheitsbilder zu erklären. Wenn es ein Problem gibt oder ich einen Wunsch äußern möchte, haben meine Stationsleiterinnen ein offenes Ohr.
BZ: Wie sind Sie mit kritischen Situationen umgegangen?
Khan: In den ersten Wochen meines FSJs fühlte ich mich oft überfordert. Wenn man frisch aus dem Schulalltag kommt, kann einem die Krankenhausatmosphäre mit den neuen Gerüchen und Geräuschen, den komplizierten Wege und den vielen neuen Menschen schon überwältigen. Eine große Herausforderung für mich persönlich war, eine gute und gesunde Schlaf- und Essens-Routine mit dem Frühdienst zu finden.
Anfangs konnte ich auch nur schwer akzeptieren, dass man nicht alles perfekt erledigen kann. Ich habe in diesen Situationen versucht, immer gut zuzuhören und vor allem aufmerksam zuzuschauen, denn so konnte ich die Abläufe besser verstehen und nach und nach selbstständiger arbeiten.
BZ: Gab es Erfahrungen, die besonders prägend für Ihre persönliche Entwicklung waren?
Khan: Ja, das war der erste große Notfall, den ich im Krankenhaus miterlebt habe. Zu sehen, wie es einem Patienten schlagartig schlecht gehen kann und wie viele Menschen in kürzester Zeit kommen, um zu helfen, war wirklich beeindruckend. Ich wusste gar nicht wohin mit meinen Gefühlen.
Meinen Kollegen bin ich sehr dankbar dafür, dass sie sich anschließend Zeit genommen haben, mit mir darüber zu reden und mir zu erklären, wie man am besten mit so einer Situation umgeht. Sie haben mir auch geraten, das man solche Ereignisse nicht so nah an sich rankommen lassen darf. Durch diese Gespräche habe ich viel gelernt.
BZ: Wie war Ihr Verhältnis zu den Patienten?
Khan: Die meisten Patienten wussten nicht, ob ich eine ausgebildete Krankenschwester oder eine Praktikantin bin. Ihnen war es wichtig, dass man ihnen hilft und zuhört. Das habe ich stets versucht. Besonders spannend finde ich es, wenn ältere Patienten über ihre Jugend erzählen. Zu sehen und zu hören, wie dankbar die Patienten sind, gibt einem nach einem anstrengenden Tag ein wundervolles Gefühl.
BZ: Welche Fähigkeiten haben Sie im Laufe des FSJ verbessert?
Khan: Neben dem vielen medizinischen Wissen, habe ich gelernt selbstbewusster zu sein und mich mehr zu trauen. Das gilt für den Umgang mit Patienten und Kollegen. Dadurch, dass man im Krankenhaus auch mit ekligen Dingen in Kontakt kommt, ist meine Hemmschwelle dem gegenüber gesunken. Des Weiteren habe ich viel über den Umgang mit Menschen und Stress gelernt. Das FSJ war eine Entscheidung, die ich nicht bereut habe. Ich fühle mich wohl im Klinikum, habe Spaß und gehe gerne zur Arbeit. Im FSJ habe ich wertvolle Erfahrungen fürs Leben gesammelt, für die ich sehr dankbar bin!
Die Diakonie Baden vermittelt jährlich 950 Freiwillige an rund 600 Einrichtungen in ganz Baden. Informationen und Bewerbung unter: www.ran-ans-leben.de
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