Heimkommen
Heimweh nach dem badischen Lebensgefühl
Verlagsthema Zuerst auf Job-, dann auf Wohnungssuche: Warum sich ein junges Paar dennoch für das Heimkommen nach Freiburg entscheidet.
Di, 21. Dez 2021, 9:51 Uhr
Verlagsthema
Thema: Heimkommen
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Bei Hans C., dem Wirtschaftsinformatiker aus Freiburg ("Ich wurde wie alle echten Freiburger im St. Elisabeth-Krankenhaus geboren"), der seinen Namen nicht nennen will, war das so. Fernab der Heimat in Kiel kam ihm regelmäßig der Geruch von Sonnenmilch und die Erinnerung an heiße Sommer zu Hause mit viel Sonnenschein in den Sinn. Es war dieser Duft nach Kokosöl und ähnlich intensiv riechenden Emulsionen, der ihn immer dann in der Nase kitzelte, wenn er in Freiburg die Dreisam in der Nähe des Strandbads entlang radelte. "Daran habe ich nach sechs, sieben Jahren im regnerischen Norden ständig denken müssen", sagt er und als dann auch noch die solarbetriebene Armbanduhr mangels Licht streikte, war klar: "Wir müssen zurück in den Süden der Republik, in die Sonne und nach Hause."
Wir, das waren in diesem Fall nicht nur Hans, der in Kiel sein Studium absolvierte und einen beruflichen Start suchte, sondern auch seine Freundin Hannah M., ebenfalls eine gebürtige Freiburgerin, die in Wahrheit ganz anders heißt. Sie hatte eine Bürokauffrau-Lehre abgeschlossen und das Betriebswirtschaftsstudium in Zwickau bereits beendet und sammelte zu diesem Zeitpunkt erste Erfahrungen im Job in Bayern. "Wir wollten einfach eine Base haben", sagen die beiden im Rückblick und wurden sich klar, dass diese weder in Schleswig-Holstein noch bei den Bajuwaren, sondern nur bei den Bobbele in Freiburg ernsthaft Sinn machen konnte.
Jetzt brauchte es natürlich nicht nur Jobs, sondern auch eine Bleibe. Beides hatte das Paar zunächst nicht, als es zielstrebig wieder in die Heimat zurückkehrte. Hans C. machte zunächst alles Mögliche, vom Pizzabacken bis zu einer SAP-Fortbildung, bis er endlich eine Anstellung als Produktmanager bei einem großen Unternehmen fand. Hannah M. hatte gleich anfangs etwas mehr Glück, arbeitete zunächst bei einem Versicherungsunternehmen, bis sie später bei einem Sozialträger landete. Gewohnt wurde die ersten Wochen aus den Umzugskisten und wechselweise mal bei den einen, mal bei den anderen Eltern, bis sich endlich eine Wohnung in der Freiburger Wiehre fand.
Vorausschauend hatte der Vater von Hannah M. seine Tochter bereits Jahre zuvor bei einer Freiburger Wohnbaugenossenschaft angemeldet, sodass diese dort tatsächlich nach vergleichsweise kurzer Zeit zum Zuge und zu einem passenden und bezahlbaren Zuhause kam. "Das Wohnungsproblem wäre sonst schon sehr groß gewesen", sagt die junge Frau. Zwei junge Berufsanfänger noch auf der Suche nach einem dauerhaften Arbeitsverhältnis müssten sich eine Wohnung in der Stadt erst einmal leisten können. Kaum machbar sei das schon bei den damaligen Mietpreisen gewesen. Eine Situation, die sich heute noch zugespitzt habe. Raus aufs Land mit etwas günstigeren Mieten, aber weiteren Wegen, das wäre allerdings auch nicht in Frage gekommen. Die Ansage war klar: "Wir wollten und wollen direkt nach Freiburg und in die Nähe des Wiehre-Marktes, schon Littenweiler oder Ebnet ist uns zu weit draußen."
Dafür nehme man auch eine kleinere, aber weniger kostspielige Wohnung in Kauf. Dennoch schätze man die Umgebung mit den Bergen, den Seen und Wäldern im Schwarzwald, der sanften Hügellandschaft in der Rheinebene und mit den Städtchen und netten beschaulichen Dörfern. Gerne sei man auch in der gesamten Region bei den Winzern, in den Hofläden und Gasthöfen unterwegs. Gutes Essen an jeder Ecke und die Weinkultur, das war auch so etwas, was Hans und Hannah im Norden und Osten oft vergeblich suchten und irgendwann als Verlust empfanden. "Es ist schon toll, in Baden zu leben", sind die beiden, die sich schon aus der Schule kennen und mittlerweile eine dreijährige Tochter haben, überzeugt. Es werde nie eintönig, etwas zu unternehmen. In Freiburg selbst sehen sie es als Vorzug, alles mit dem Rad oder sogar zu Fuß erledigen zu können, die Kita sei nah und der Sternwald zum Spazierengehen auch, "die Stadt ist für uns ein richtiger Wohlfühlort".
Dass es einmal eine Zeit gegeben hatte, in der sie nichts als weg wollten und neugierig waren auf die Fremde, räumen sie ein. "Es war uns zu Hause zu eng geworden", sagt Hannah M. Aber das sei etwas, was viele junge Menschen erlebten und auch erfahren müssten. Das erweitere den Horizont und fühle sich zunächst auch sehr gut an. Zuerst hat man keinen Bock mehr auf zu Hause, irgendwann bekomme man aber doch Heimweh und vermisse plötzlich alles: die Familie, die Freunde, die Konzerte im Atlantis, die Lange Rote auf dem Münsterplatz, die Heimspiele des Sportclubs und sogar Traditionen, über die man früher immer gelästert habe.
"Vielleicht ist das aber auch eine Frage des Alters oder besser des Erwachsenwerdens", sagt Hans C., inzwischen 38, Hannah M. ist 35. Ihre gemeinsame Entscheidung, heimzukommen, haben sie jedenfalls nicht bereut, würden es immer wieder so handhaben. "Es war für uns der richtige Schritt zur richtigen Zeit."