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Pop-Produzent

Markus Ganter: Aus dem Keller nach oben

Rüdiger Ofenloch

Von Rüdiger Ofenloch

Mo, 30. März 2015 um 14:26 Uhr

Rock & Pop

Der gebürtige Müllheimer Markus Ganter ist als Musikproduzent im Popgeschäft erfolgreich.

Markus Ganter im Studio   | Foto: Hannes Bieger
Markus Ganter im Studio Foto: Hannes Bieger
Mit Sizarr hat alles angefangen. 2011 veröffentlichte die rheinland-pfälzische Indie-Pop-Formation ihr erstes Album "Psycho Boy Happy". Der teils opulent orchestrierte, mit Hall, Echos und wohl gesetzten Samples spielende Sound ist der erste Fingerabdruck, den Markus Ganter im Produzenten-Business hinterlassen hat.

Wenn Sizarr am Freitag in Freiburg ihr zweites Album "Nurture" präsentieren, wird Ganter vielleicht irgendwo zwischen den Gästen stehen. Denn auch diese hochgelobte Platte hat er produziert. Der 28-Jährige hat sich vorgenommen, 2015 wieder öfter in der Heimat aufzuschlagen. Heimat, das ist für Ganter das Markgräflerland. In Müllheim ist er zur Grundschule und später ins Gymnasium gegangen. Die 18 000 Einwohner zählende Stadt wurde dem von jeher musikvernarrten Ganter bald zu klein. 2007 zog er weg. In Mannheim fand er einen Studienplatz an der Popakademie (Bass) und eine gemütliche Wohnung im Szene-Stadtteil Jungbusch – und damit Zugang zur Welt der Popmusik.

Wenngleich Ganter nicht gerade in den höchsten Tönen von der Mannheimer Popakademie schwärmt: Viele Kontakte, die er heute ausgiebig nutzt, haben sich dort ergeben. Hier stieß Ganter beispielsweise auf Konstantin Gropper. Mit dem Frontmann der Indie-Größen Get Well Soon produzierte Ganter 2013 sein Meisterstück: Das Nummer-eins-Album "Hinterland" des Deutsch-Rap-Rockers Casper. Die Entstehungsgeschichte hört sich an wie ein klassisches Hinterhof-Märchen. "Damals haben wir alles in einem Keller unter meiner Wohnung aufgenommen. Casper ist für die Zeit der Produktion nach Mannheim gezogen, hat direkt um die Ecke gewohnt", erzählt Ganter.

Überhaupt dieser Ort. "Das war schon ein schicksalhaftes Haus", sagt Ganter. Manchmal habe er drei Monate am Stück dort verbracht, sei eigentlich nur zwischen Studio und Schlafzimmer gependelt und höchstens einmal zum Essen rausgekommen. "Das war absolute Freiheit für mich. In dem Keller hatte ich einfach alles, was ich zum Arbeiten brauchte", sagt der 28-Jährige.

Als er vor zwölf Monaten nach sieben Jahren Mannheim packte und nach Berlin zog, schlug Ganter das Kapitel zu – und ist jetzt auf der Suche nach einem ähnlich magischen Ort. Oder hat er ihn schon längst gefunden? In seiner neuen Wohnung in Kreuzberg hat er innerhalb eines Jahres vier Alben (mit-)produziert: Neben Sizarrs "Nurture", Dagoberts "Afrika" und Tracks für das aufregende Ein-Mann-Projekt Drangsal sind hier auch Songs für die am 1. Mai erscheinende neue Platte von Tocotronic entstanden. Wie war das, mit einer Band zu arbeiten, deren Songs man einst als Jugendlicher mitgegrölt hat? "Das war schon ein bisschen surreal. Der Kontakt kam eher zufällig zustande. Dann haben wir uns auf einen Kaffee getroffen und entschieden, dass wir das zusammen machen." Die Mitbegründer der Hamburger Schule um den gebürtigen Ortenauer Dirk von Lowtzow sind nach Casper das namhafteste Projekt von Ganter – und waren Grund genug, sich im Vorfeld viele Gedanken zu machen.

"Ich bin generell jemand, der gerne vorbereitet ist", sagt Ganter. Vorbereitet, aber nicht festgelegt. Er komme nicht mit fertigen Ideen, die es dann möglichst eins zu eins umzusetzen gelte. Die Produktion ist für ihn ein Prozess, an dem alle Beteiligten mitwirken sollen. "Wenn wir dann eine meiner Ideen verwerfen, bin ich relativ uneitel. Dann wird eben etwas Anderes probiert." Tocotronic seien da übrigens nicht anders gewesen. "Die wollten unbedingt einen neuen, externen Einfluss und haben gesagt: Mach, was Du willst!" Entstanden ist laut Ganter ein Album, das sich textlich und musikalisch ganz der Liebe verschrieben hat. "Ich habe an manchen Stellen Synthesizer eingespielt und versucht, die Songs mit Reminiszenzen auszuschmücken. Am Ende ist es ein sehr romantisches Album geworden." Was zukünftige Projekte angeht, will er noch nichts Konkretes verraten.
Arbeit, das lässt er durchblicken, gibt es genug. So wird er sich auch weiter mit Dagobert treffen, der wie Teile von Sizarr ebenfalls nach Berlin gezogen ist. Ob ihn diese Stadt auch schon musikalisch inspiriert hat? "Da bin noch nicht wirklich involviert. Was das angeht, bin ich eher ein Eigenbrötler", sagt Ganter. Einer freilich, der sich anschickt, die Musikwelt weiterhin aufzumischen.
–  Konzerte von Bands, die Markus Ganter produziert hat: Freiburg, Sizarr, Schmitz Katze, Fr, 27. März, 20 Uhr; Freiburg, Dagobert, Schmitz Katze, Sa, 23. Mai, 20 Uhr; Freiburg, Tocotronic, ZMF, Sa, 4. Juli, 20 Uhr; Info: Tel. BZ-Kartenservice 0761/4968888.

Ressort: Rock & Pop

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