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"Judo heißt Siegen durch Nachgeben"

  • Fr, 22. April 2016
    Umkirch

Im Judo-Sport-Zentrum in Umkirch kann man bei einem Deutschen Meister lernen, dem Sambo-Kämpfer Georg Aichele .

Georg Aichele mit Sparringspartner „Johnny“   | Foto: Steckmeister
Georg Aichele mit Sparringspartner „Johnny“ Foto: Steckmeister

UMKIRCH. Etwas versteckt an der Feldbergstraße findet man das Judo-Sport-Centrum (JSC) in Umkirch. Angefangen hatte alles in den 70er Jahren mit der Judo-Schule Fredy Herz, die 1980 zum Verein wurde und zunächst in der Turn- und Festhalle zu Hause war. Der Danziger Judotrainer Fredy Herz, der 1972 nach Umkirch kam, hatte in Eigenarbeit die heutigen Räume ausgebaut, um dem Verein eine Heimat zu geben. Hier trainieren inzwischen nicht nur Sportler von fünf bis 80 Jahren, sondern auch ein Deutscher Meister: Sambo-Kämpfer Georg Aichele.

Noch ist der Trainingsraum verwaist. Streng, aber auch gütig schaut Kan Jigor von einem gewaltigen Wandbild hinab auf die grün-rote Judomatte. Im angrenzenden Vereinsraum sitzt auf einem eigens für ihn gebastelten Thron Fredy Herz, der Gründervater des JSC. Daneben dessen Frau Nancy im typischen weißen Sportanzug ein hünenhafter Herr namens Georg Aichele. Um 20 Uhr soll das Training losgehen. Also ist noch Zeit zum Plaudern.

"Judo heißt Siegen durch Nachgeben", übersetzt Fredy Herz, Trainer seit 1971, Träger des schwarzen Gürtels im 5. Dan und des rot-weißen Gürtels im 7. Dan, einer Ehrenauszeichnung, die nicht mehr erkämpft, sondern nur verliehen wird.

Entwickelt wurde die waffenlose Kampfsportart in den 1920er Jahren von eben jenem Kan Jigor aus verschiedenen Stilen des Jiu-Jitsu, einer alten Kampfsportart der legendären Samurai. Das Besondere am Judo? Da ist zum einen die Technik: Werfen, Fallen, Festhalten und Schlagen heißen die Zutaten der Sportart – wobei Letzteres heute zumeist nur noch in den so genannten Katas, festgeschriebenen Bewegungsabläufen ohne Gegner, die trainiert und geprüft werden – oder in Selbstverteidigungskursen zum Tragen kommt. Die Technik allein ist nicht alles, was den Kampfsport aus dem Fernen Osten so reizvoll und – betont Herz – für alle Altersklassen erlernbar macht.

Herz zu glauben fällt nicht schwer: Der aktive Judoka ist sage und schreibe 80 Jahre alt. "Judo ist die Harmonie zwischen zwei Personen", beschreibt Herz die Ästhetik des Kampfs. Für den Kämpfer selbst gelte es, "die Persönlichkeit zum Vorschein zu bringen". Dies müsse weit länger trainiert werden, als die Bewegungsabläufe selbst, weiß der erfahrene Trainer. "Man setzt sich mit sich auseinander, man kommt an seine Grenzen, das ist das Spannende", schwärmt Fredy Herz. Judo seit auch Erziehungsarbeit, betont Herz. "Wir versuchen, gute Vorbilder zu sein."

Das lockte irgendwann den jüngsten Sohn von Georg Aichele ins JSC. "Ich kam als schüchterner Vater mal zum Gucken", berichtet Aichele über seine ersten Berührungen mit den Umkircher Judoka. Berührung mit dem Kampfsport allerdings hatte der aus der ehemaligen Sowjetunion stammende Aichele schon als Kind. Mit zehn Jahren hatte er mit dem Judo angefangen, sich später als Berufssportler auf Sambo, eine für das russische Militär aus Judo und Jiu-Jitsu entwickelte Kampfsportart, spezialisiert. Sambo war bereits in den 1960er Jahren zum Wettkampfsport geworden. Aichele, der in Freiburg wohnte, ehe er nach Umkirch kam, hatte nach dem Umzug nach Deutschland noch ab und zu an Wettkämpfen teilgenommen, den Gürtel aber schließlich an den Nagel gehängt. Er begleitete den Junior auf Wettkämpfe und gab den ein oder anderen Ratschlag, was Sohnemann stets wenig begeistert mit "mach’s besser" quittierte. Das wiederum wollte der Mittvierziger nicht auf sich sitzen lassen: 2012 trat er dem JSC bei – als Trainer wie als Trainierender.

2015 begann die dritte Wettkampfkarriere des Georg Aichele, die ihn im März 2016 zum deutschen Meistertitel in der Veteranenklasse führte. Aber bloß bei den Alten Herren – Teilnehmern über 35 Jahren – zu kämpfen, genügte Aichele nicht. Schon bei seinem ersten Wettkampf nach dem Neustart, dem Hansepokal in Lüneburg im Juni 2015, zog es Aichele, der in der Gewichtsklasse ab 100 Kilo aufwärts kämpft, auch in das Hauptfeld. "Es war, als ob man gegen einen Panzer rennt", sagt Aichele lachend und zeigt ein Foto, auf dem der Hüne neben einem halb so alten Gegner fast zierlich wirkt.

Geholfen hat die physische Präsenz dem Gegner nicht: Aichele landete auch in der Hauptklasse ganz oben auf dem Treppchen. Für die EM im September 2016 ist Aichele bereits qualifiziert, davor ging’s erstmals zur deutschen Judomeisterschaft nach Berlin. Sein Traum ist die Sambo-WM, die im Dezember stattfindet. "Ich warte auf die Einladung", sagt er augenzwinkernd. Ein Erfolg blieb Georg Aichele bis dato versagt: "Mein Sohn hört nur auf die Tipps von Fredy."

Infos zum JSC gibt es im Internet unter http://www.jsc-umkirch.de.

Ressort: Umkirch

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 22. April 2016: PDF-Version herunterladen

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