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Rock’n’ Roll

Biographie der Spider Murphy Gang veröffentlicht

Thomas Fricker
  • Di, 04. Juli 2017, 00:01 Uhr
    Computer & Medien

Jahrelang hat der Münchner Publizist Andreas Mäckler Medienmaterial ausgewertet – jetzt veröffentlicht er passend zum Jubiläumsjahr die Biographie der Rock-’n’- Roll-Band Spider Murphy Gang.

Anfänge in kleinen Clubs: die Spider Murphy Gang  | Foto: Privat/archiv Spider Murphy Gang
Anfänge in kleinen Clubs: die Spider Murphy Gang Foto: Privat/archiv Spider Murphy Gang
Es gibt Musikfans, die rümpfen bei ihrem Namen die Nase. Spider Murphy Gang – sind das nicht die, die ihr Brot der späten Jahre in Bierzelten, auf Gipfelpartys oder auch mal einer Firmenfete verdienen? Ja, das auch. Aber vor allem sind die Spiders eine Rock-’n’- Roll-Band, die seit ihrem Zusammenfinden 1977 einfach nie mehr aufgehört hat, Musik zu machen. Anfangs vor GIs und in Clubs, ein paar Jahre später dann auf Mammuttourneen in riesigen Hallen. Als die Neue Deutsche Welle verebbt war, die die Spiders ganz nach oben gespült hatte, spielte die Band halt wieder in kleineren Sälen. Sänger und Bassist Günther Sigl und Gitarrist Barney Murphy, eigentlich Gerhard Gmell, waren Zeit ihres Lebens geradezu besessene Musiker – und sind es noch. Wer eines ihrer Konzerte besucht, kann sich der Kraft ihres Sounds, der Frische selbst zu Schlagern geronnener Hits, dem Groove und ihrer Bühnenpräsenz kaum entziehen.

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Video: Spider Murphy Gang – Skandal im Sperrbezirk (live, 1989)

Biographie zum 40-jährigen Bestehen

Diesen Herbst feiert die Band in der Münchner Olympiahalle ihr 40-jähriges Bestehen, und pünktlich zum Jubiläumsjahr ist nun auch eine Bandbiographie erschienen. Der Münchner Publizist Andreas Mäckler hat dafür über Jahre Interviews mit Bandmitgliedern, aber auch dem Umfeld aus Technik, Management und Fans geführt sowie Berge von Medienmaterial ausgewertet. Entstanden ist ein Buch, das zwar – gewollt – zuerst Bedürfnisse und Interessen der Fans bedient, das aber darüber hinaus ein spannendes Zeugnis ablegt vom Alltag im Nachkriegsdeutschland, als eine Generation lebenshungriger "Hungerleider" (Sigl) den Rock ’n’ Roll für sich als Ausdrucksform und Lebensweise entdeckte.

Lesenswert sind vor allem die Kapitel, in denen Bandleader Sigl, Murphy und der langjährige Schlagzeuger Franz Trojan sich an Kindheit und Jugend erinnern. In welch ärmlichen Verhältnissen sie sich zurechtfinden mussten. Was es für den 15-jährigen Günter bedeutete, als der Vater, ursprünglich Schuster, dann zur Bundeswehr gewechselt und mit der Familie von Bayern nach Karlsruhe gezogen, ihm zum Hauptschulabschluss eine gebrauchte Wandergitarre schenkte. Wie der junge Franz Posaune lernen wollte, aber als Marschtrommler beim Musikverein in Kulmbach landete. Oder Barney, Sohn sudetendeutscher Flüchtling, mit seiner ersten Band Opul S in einem Münchner Pfarrheim zu Fasching "Sympathy for the Devil" von den Rolling Stones nachspielte – und prompt aus dem Saal flog.

Von der Bankkaufmann-Lehre zum Rock-’n’- Roll

Die Lehrjahre der jungen Musiker waren hart. Nicht wegen der Ausbildungen zum Bankkaufmann und Fernmeldetechniker, die Sigl und Gmell absolvierten. Sondern weil sie sich alles selber beibringen mussten: am Instrument, in der Technik, beim Ergattern von Gigs. Welche Songs eine Band draufhaben musste, die hoffte, mit Konzerten in US-Kasernen über die Runden zu kommen, entschied die Playlist der amerikanischen Radiosender. Noten? Gab es nicht. Computer? Selbstverständlich auch nicht. Also hieß es: Hören, Hören, Hören, Nachspielen, Nachspielen, Nachspielen – im Rückblick nicht die schlechteste Schule.

Trotzdem waren es schließlich Zufälle, die Ausdauer und Zähigkeit von Sigl und Co. belohnten. Dass der Radio-Moderator Georg Kostya für seine neue Sendung im Bayerischen Rundfunk eine Hausband suchte und in den Spiders fand, war eine günstige Fügung. Dass Kostya dafür einen Titelsong einforderte, der auf bayerisch gesungen war, wurde womöglich zum entscheidenden Zündfunken der Karriere: "Hu-ha! Geh, loss mer mei Ruah, I ziag´s net aus, meine Rock `n`Roll Schuah!" Selbst einer dieser frühen Textzeilen dürfte noch heute bei den meisten Lesern in Sekundenschnelle die dazugehörige Melodie aus dem Gedächtnis wachrufen.

Autor Mäckler ist weder tiefsinniger Deuter (zuweilen) durchaus doppelbödiger Liedtexte noch ist ihm kritische Distanz ein Anliegen – was bei einer autorisierten Biographie auch merkwürdig wäre. Gleichwohl gelingt ihm, auch durch die immer wieder von anderen Beteiligten eingebrachten Perspektiven, ein ausgewogenes Band-Portrait.

Leidenschaftlicher Livemodus

Da sind einerseits fast familiäre Strukturen – Cheftechniker Heiner Schupp zum Beispiel stieß schon 1978 dazu, teilte sich in der Anfangszeit manche Bratwurst mit Barney Murphy, weil für mehr das Geld nicht reichte, und ist bis heute unersetzlich. Da werden andererseits Schwierigkeiten nicht ausgespart. Das Ausscheiden des Pianisten Michael Busse etwa, den Ludwig Seuss ersetzte, oder auch Franz Trojans, von Alkohol und Drogen getriebenen Absturz. Die steile Karriere mit Millionenhits stieg manchen Bandmitgliedern zu Kopf. Andere suchten den Erfolg in immer komplizierteren Studioaufnahmen. Die waren allerdings nie das Ding der Spiders – weshalb sie bald zum leidenschaftlichen Livemodus zurückkehrten. "Nervt es nicht irgendwann, Jahrzehnte lang Woche für Woche ,Skandal im Sperrbezirk’ und ,Schickeria’ zu spielen?" wird im Buch gefragt. "Sobald wir ,Skandal’ anstimmen", entgegnet Sigl, "gibt uns das Publikum das Gefühl, einen aktuellen Chartbuster zu haben. Dann geht’s ab." Das ist das, was Sigl, inzwischen 70, noch immer braucht.
Info

Andreas Mäckler: Skandal – die autorisierte Bandbiographie der Spider Murphy Gang. Schwarzkopf & Schwarzkopf-Verlag, Berlin 2017. 313 Seiten, 19,99 Euro.

Ressort: Computer & Medien

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 04. Juli 2017: PDF-Version herunterladen

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