Jahrelang sitzen ohne eine Anklage
Von unserem Korrespondenten Willi Germund
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Das afghanische Justizsystem funktioniert nicht / Auch in Lagern der US-Truppen bekommen Häftlinge keine Informationen darüber, ob und wann sie freikommen
KABUL Sieben Jahre nach dem Sturz der Taliban in Afghanistan hat sich für Häftlinge wenig verändert. Folter ist an der Tagesordnung. Viele Häftlinge wissen nicht, weswegen sie in einem der überfüllten Gefängnisse einsitzen oder wann sie freigelassen werden. Das gilt auch für Afghanen, die in US-geführten Lagern einsitzen. Afghanische Streitkräfte und Nato-Truppen haben unterdessen nach dem Talibanangriff auf ein Gefängnis in Kandahar eine Großoffensive im Süden des Landes gestartet.
Mirwais ist nervös. Immer wieder lupft der achtjährige Junge einen Zipfel seines dunkelgrünen Shalwar Kameez und wischt sich über den Mund. Er lacht, während er gebannt auf sein eigenes Bild auf dem Fernsehschirm in dem großen schwarzen Kasten starrt, der vor ihm steht. Sein 23-jähriger Onkel Mohammed Ashraf hat sich neben dem Jungen auf den Stuhl im Büro des Internationalen Kommitees des Roten Kreuzes (IKRK) in Kabul geklemmt, damit die Videokamera in der ...