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Fürsorge auch im Umbruch

  • Sa, 02. Juli 2016
    Basel

Malayka, die älteste Elefantenkuh in Basel, braucht mitunter Hilfe ihrer Herde – ein Sozialverhalten, das die neue Anlage unterstützen will /.

  | Foto: zur Verfügung gestellt von Zoo Basel
Foto: zur Verfügung gestellt von Zoo Basel
Malayka ist die Seniorin. Mit 45 Jahren ist sie die älteste Elefantenkuh im Zoo Basel. Dass sie trotzdem ein gut integriertes Mitglied ihrer Herde ist, zeigte sich vor einigen Monaten: Zwei Mal fiel sie Anfang des Jahres plötzlich hin im Gehege, aber die drei Artgenossinnen eilten sofort herbei, um zu helfen. Dieses fürsorgliche Verhalten sei bei den Tieren durchaus üblich, erklärt Adrian Baumeyer. Es wurde auch schon bei Elefanten in freier Wildbahn beobachtet, weiß der für Elefanten zuständige Kurator des Zoos Basel.

Trotz ihres Alters genießt Malayka keinen Sonderstatus. Auch sie muss sich an die Regeln der Herde halten. Ansonsten wird sie von der Leitkuh Heri in die Schranken verwiesen, schildert Baumeyer. Malayka steht an zweiter Position. Sie sei etwas faul, meint der Kurator. Deshalb habe sie nie die Leitkuhposition beansprucht. Diese Rolle übernimmt immer eine der erfahrenen Kühe und behält diese bis zum Tod. In einer Herde kann es zwar kleine Veränderungen geben, aber es gibt normalerweise keine Streitigkeiten über die Hierarchie. So wird die Leitkuh in der Herde nicht in Frage gestellt. Und das aus gutem Grund, denn das Tier trägt die Verantwortung für die Gruppe. In freier Wildbahn muss sie die Herde zu den Futter- und Wasserstellen führen und braucht entsprechende Erfahrung.

Malayka ist leicht zu erkennen an ihren langen, spitzen Stoßzähnen, erläutert Adrian Baumeyer. Diese wachsen lebenslang, aber es bricht auch immer wieder mal ein Stück ab, da sie oft benutzt werden. Form und Länge sind aber auch individuell unterschiedlich. Für das geübte Auge ist Malaykas hohes Alter auch an ihrem Erscheinungsbild zu erkennen, zum Beispiel an der Rückenmuskulatur, die absackt. Außerdem hätte sie eher abgenommen. Früher habe sie gerne im Wasser gebadet, berichtet Baumeyer. Das mache sie mittlerweile nicht mehr, da sie nicht mehr aufstehen kann. Deshalb schläft sie – wie alle alten Elefanten – auch im Stehen. Außerdem mag Malayka halbtrockene Berliner. Falls sie Medikamente braucht, werden ihr diese in einem Berliner verabreicht.

Malayka ist nicht nur alt, sondern auch schon lange im Zoo. Sie wurde noch in freier Wildbahn geboren und war, bevor sie im Dezember 1984 nach Basel kam, beim Zirkus Knie. Dort hat sie bei den Vorstellungen mitgewirkt. Dies hat sie geprägt, denn sie reagiert immer noch stark auf Musik. Ihre weitere Lebenserwartung kann Adrian Baumeyer nicht abschätzen. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Elefanten liegt zwischen 40 und 60 Jahren, Malyaka ist übertragen auf das menschliche Dasein also allemal im Rentnerdasein. Doch das bietet bekanntlich auch noch Perspektiven auch bei Elefanten: Die frühere Leitkuh Ruaha zum Beispiel wurde 59 Jahre alt.

An das neue Gebäude, dessen erster Teil (Text unten) inzwischen in Betrieb ist, hat sich Malayka offensichtlich gewöhnt. Phasenweise hätten die Elefanten etwas gestresst reagiert auf die Bauarbeiten, meint Adrian Baumeyer. Sein Eindruck ist aber, dass sie entspannter sind, seit sie das Haus benutzen können. Als der neue Gebäudeteil geöffnet wurde, hätten die Tiere es erst vorsichtig begutachtet. Drinnen sei Futter bereitgelegt worden, um ihr Interesse zu wecken. Ansonsten: "Haben wir sie machen lassen", erklärt der Kurator. Neu ist, dass die Elefanten frei wählen können, ob sie sich drinnen oder draußen aufhalten.

Elefanten leben in der freien Wildbahn zwar auf großen Flächen, allerdings sind dort die Reserven knapp und Elefanten bewegen sich nur so viel wie nötig. Die Tiere nehmen 100 bis 150 Kilogramm Nahrung pro Tag auf und sind deshalb 20 bis 22 Stunden am Tag mit Futtersuche und Fressen beschäftigt. Diese Lebensbedingung versucht der Zoo mit der Tembea-Anlage zu simulieren. "Wir probieren das natürliche Verhalten zu erhalten", sagt Baumeyer. So sind 80 Futterstellen geplant, die auf der Anlage verteilt sind. Einige Futterstellen sind bereits gut erkennbar. So gibt es Krane, mit denen das Futter in Netzen bereitgestellt wird und Felsen mit Löchern, in denen sich Futterkammern befinden. Computergesteuert können dann die Netze etwas abgesenkt oder die Klappen zu den Futterkammern geöffnet werden. So können die Elefanten zu unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Orten ihr Futter beziehen.

Während des Gesprächs beginnt Malayka auf der Außenanlage mit den Vorderfüßen und dem Rüssel hin- und herzuschaukeln. Dieser Tick, das Weben, sei eine Verhaltensauffälligkeit von Tieren, die in Gefangenschaft gehalten werden, erklärt Baumeyer. Im Zolli habe man lange überlegt, was Malayka fehlt und verbessert werden müsse. Doch sie seien zum Schluss gekommen, dass es ihr gut geht und das Weben ein Überbleibsel aus ihrer Zirkuszeit sei, da die Tiere dort auf engerem Raum gehalten werden. Als Malayka am anderen Ende des Geheges einen Pfleger entdeckt, wendet sie sich ihm zu und läuft neugierig über die Anlage, und zwar ohne zu stolpern. Die alte Elefantendame ist tatsächlich noch rege.

Elefanten im Zoo Basel

Den ersten Elefanten beherbergte der Basler Zoo 1886; das war noch ein asiatischer, der bis 1917 lebte. Afrikanische Elefanten gibt’s in Basel seit 1932. Die Tiere erreichen ein Gewicht von bis zu acht Tonnen und bewegen sich trotz ihrer Größe geschmeidig; allein der Rüssel hat über 40 000 Muskeln. Die aktuelle Basler Herde besteht aus vier Kühen, und zwar Rosy (21), Maya (22), Heri (40) und Malayka (45). Alle sind Wildfänge, wurden also nicht in einem Zoo geboren; die zwei jüngeren stammen aus einem Reservat in Botswana und waren wegen Überpopulation zum Abschuss freigegeben. Doch stattdessen wurden sie an einen geeigneten Zoo weitergegeben. Vervollständigt wird die Herde durch einen Bullen; der Letzte (Yoga) ist wegen des Umbaus der Elefantenanlage derzeit ausquartiert nach Boras in Schweden. Ob er zurückkommt oder ein Neuer geholt, ist noch offen. In jedem Fall wolle der Zolli künftig in die Zucht einsteigen, sagt Kurator Adrian Baumeyer.

Ressort: Basel

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 02. Juli 2016: PDF-Version herunterladen

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