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Der nahe Traum vom Tag im Schnee

  • Aurea Steiner

  • Do, 11. Januar 2001
    Zisch

     

Wer in oder um Freiburg wohnt, hat sein Skigebiet fast vor der Haustüre - ein schöner, manchmal aber auch anstrengender Luxus.

Breisgau-Bewohner haben es gut: Während andere Schneebegeisterte zum Ski- und Snowboardfahren erst von weit her anreisen müssen, haben sie die Skigebiete direkt vor der Haustüre. Da muss man nicht lange vorausplanen. Oder einen Haufen Geld für die Reise hinlegen. Sondern kann sich einfach und spontan in Bus oder Bahn setzen und zum Feldberg oder Schauinsland kutschieren lassen. Breisgau-Bewohner haben eben Glück. Wenn's ausnahmsweise mal schneit.

Es sind Weihnachtsferien und der lang ersehnte Schnee hat sich vorübergehend auf den Bergen niedergelassen. Nichts wie los: Snowboard unter den Arm und morgens in der Früh ab zum Bahnhof. Am Bahnsteig wimmelt es schon von vielen, vorwiegend jungen Menschen, die es hinauf zum Feldberg zieht. Als die Höllentalbahn den Bahnhof verlässt, ist es noch dunkel draußen. Der Blick aus dem Fenster ist verschwommen, die Regentropfen rinnen die Scheiben hinunter. Erst langsam klettert die Sonne hinter der Bergkette hervor. Immer höher steigt die Bahn die Berge hinauf, und mit zunehmender Höhe verändert sich auch das Landschaftsbild. Statt düsterem Himmel und Nässe sind nun schneebedeckte Felder und Bäume zu erkennen, die einem regelrecht entgegen leuchten.

Als die Masse von Ski- und Snowboardfahrern im Bärental umsteigen muss, ist es mit der Ruhe allerdings vorbei. Jetzt beginnt der Ansturm auf die begehrten Sitze im Bus. Selten ist genug Platz für alle da. Als der Bus losfährt, müssen einige zurückbleiben. Die anderen lassen sich wie Ölsardinen in einer rollenden Konserve dem Gipfelglück entgegen ruckeln. Da fällt es gar nicht auf, wenn man den müden Kopf dem Nachbarn auf die Schulter legt.

Nach scheinbar unendlich langen Minuten öffnet der Bus die Türen. Die Skier und Snowboards werden in den Schnee geworfen und die Pistenhungrigen springen in die Bindungen. Das nach einem Jahr Ski-Abstinenz ungewohnte und doch wieder vertraute Gefühl auf den Brettern zu stehen, macht das frühe Aufstehen und die mühevolle Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln mehr als wett.

Seit den 30er-Jahren wird am Feldberg Ski gefahren

Schnell weiter jetzt, rüber zum Lift. Auf der Fahrt nach oben streift der eisige Wind Gesicht und Ohren. Guckt man nach unten, sieht man viele kleine Punkte, die sich abwärts bewegen. Und endlich ist man selber ein Punkt, der die Abhänge hinuntergleitet und mit jedem Bogen den Schnee unter dem Brett knirschen hört. Wieder unten an den Liften angelangt, steht man in einem Pulk von Menschen verschiedener Nationalitäten. Es wird französisch, holländisch und schweizerdeutsch gesprochen.

Auf dem Feldberg wird seit den 30er-Jahren Ski gefahren. Seit Jahrzehnten buhlen die Feldberg-Gemeinden um die Aufmerksamkeit von Wintersportlern aus aller Welt. Es gibt Liftkarten für jeden Anspruch sowie eine touristische Infrastruktur mit allen üblichen Angeboten jenseits des Pistenvergnügens. Und es wird fleißig weiterinvestiert: Eine neu erbaute Sechser-Sesselbahn soll noch mehr Touristen anlocken. Musikevents wie die Gipfelparty sollen den altehrwürdigen Berg den Jugendlichen schmackhaft machen. Nicht alle sind davon begeistert. Mit jedem neuen Lift nimmt das Verkehrsaufkommen zu und es wird immer voller auf den Pisten. Schon jetzt sind die Verkehrsverhältnisse und die Parkplatzsituation zum Teil chaotisch. Und die Natur, klagen Naturschützer, droht auf der Strecke zu bleiben. "Der Feldberg ist eine sensible Landschaft. Es können nicht nur moderne Lifte gebaut werden, es muss auch dafür gesorgt werden, dass das Publikum umweltverträglich transportiert wird", sagt Peter Stocks von der Naturschutzbehörde im Freiburger Regierungspräsidium. Wie viel Pistenrummel verträgt der Feldberg? Die Grenze, sagt Stocks, sei schwer zu ziehen.

Vielleicht ist die Grenze dann erreicht, wenn der Bus zurück ins Bärental wieder mal im Stau stecken bleibt; wenn der Anschlusszug deswegen längst weg ist; wenn es wieder in der Kälte warten heißt. Umso mehr freut man sich auf die Badewanne zu Hause. Und wenn man am Abend ins Bett fällt, ist der Stress längst vergessen. Erschöpft, aber zufrieden träumt man vom nächsten Tag im Schnee.

Ressort: Zisch

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