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Zischup-Interview

"Die Kirche tut sich schwer, neue Wege zu gehen"

  • Emelie Ade, Alexa Scherer, Klasse 9b, Kreisgymnasium & Bad Krozingen

  • Fr, 13. Mai 2016, 00:00 Uhr
    Schülertexte

     

Im Rahmen von Zischup interviewten Emelie Ade und Alexa Scherer, beide Schülerinnen der Klasse 9b des Bad Krozingers Kreisgymnasium, den Pfarrer Peter von Zedtwitz. Viele Fragen – viele Antworten.

Zischup: Herr Zedtwitz, wie lange sind Sie denn jetzt schon Pfarrer?

Zedtwitz: Mit meiner Ausbildung war ich 1980 fertig, das heißt, ich bin jetzt schon 36 Jahre Pfarrer. In diesen Jahren war ich schon in verschiedenen Pfarreien. So war ich zum Beispiel zuerst im Elzach und später dann in Karlsruhe.
Zischup: Und aus welchen Beweggründen haben Sie sich entschieden Pfarrer und zum Beispiel nicht Mönch zu werden?

Zedtwitz: Als ich ein Kind war, faszinierte mich die Gemeinschaft innerhalb der Kirche, weshalb ich als Jugendlicher in die Katholische junge Gemeinde, kurz KjG, eingestiegen bin. Dies hat mir sehr viel Spaß gemacht, und ich war fasziniert von dem Gemeinschaftsgefühl, welches dort vorhanden war. Später wurde ich dann selbst einer der Leiter. Nach dem Abitur entschloss ich mich, weiter diesen Weg zu gehen und begann mit meinem Theologiestudium. Mönch zu werden, kam für mich von Anfang an nicht in Frage, da ich nicht gern auf die Welt verzichten wollte. Außerdem wollte ich gerne den Menschen helfen und versuchen, sie Gott näher zu bringen.

Zischup: Gibt es bestimmte Eigenschaften oder Ausbildungen, die man als Pfarrer vorweisen muss?

Zedtwitz: Am wichtigsten ist wohl, dass man menschlich ist, aber auch Mitgefühl und Freundlichkeit besitzt. Natürlich sollte man etwas Fachwissen haben, weshalb man vorab Theologie studiert. Es gibt Einübungen in die Seelsorgearbeit sowie Übungen, wie man zum Beispiel mit Trauernden umgeht. Wollten zu Ihrer Zeit viele Pfarrer werden? In meinem Jahrgang waren wir anfangs 32, die Theologie studieren wollten. Allerdings sind während des Studiums einige abgesprungen, so waren wir am Ende nur noch 18. Zum Vergleich: Dieses Jahr haben nur vier angefangen.
Zischup: Gab es Situationen in Ihrem Leben, in denen Sie für Ihren Beruf schlechte Kommentare bekommen haben?

Zedtwitz: In dieser Hinsicht zwar nicht, allerdings gab es zum Beispiel eine junge Frau, die mich bei dem Generalviktariat anzeigte, weil ich den Gottesdienst nicht nach ihren Wünschen abhielt. Da sie aber auf meine Nachfrage nicht reagierte, hatte sich die Sache für mich erledigt. Ansonsten kann ich nur von positiven Rückmeldungen sprechen.

Zischup: Mit welchen vier Wörtern würden Sie das Leben eines Pfarrers beschreiben?

Zedtwitz: Oh, das ist eine gute Frage. Der zentrale Punkt für mich sind wohl die Begegnungen, Gott und Jesus wären der zweite Punkt. Der dritte, dass der Job faszinierend und spannend ist. Allerdings muss ich auch sagen, dass die Einsamkeit auch präsent ist.

Zischup: Würden Sie die Kirche sozusagen als Ihre Familie bezeichnen?

Zedtwitz: Anfangs war das sicherlich mein Gedanke. Aber ich frage mich, warum wir nicht auch eine konkrete Familie haben dürfen. Ansonsten gibt die Gemeinde und die Kirche mir Halt.
Zischup: Mann sieht Pfarrer meistens ja nur im Gottesdienst, aber was haben Sie noch für Aufgaben?

Zedtwitz: Zuerst muss man mal sagen, dass nicht jeder Pfarrer die gleichen Aufgaben hat, so gibt es den Leiter oder Chef, der viel mehr Bürokratie erledigen muss. Ich bin jedoch Kooperator und muss nur wenig Büroarbeit machen, dafür halte ich Taufgespräche und Trauergespräche. Natürlich bin ich auch bei den Vorbereitungen der Erstkommunion und der Firmung involviert. Außerdem führe ich persönliche Seelsorgegespräche um den Menschen zu helfen.
Zischup: Und was machen Sie am liebsten?

Zedtwitz: Ich trete gerne mit dem Menschen in Kontakt. Ein besonderes Highlight sind Taufen und Hochzeiten. Da man dabei auch viele bewundernswerte Geschichten erfährt und meistens noch ein Stück Kuchen ergattern kann.

Zischup: Ist es schwer, eine Trauerrede für jemanden zu schreiben, wenn man die Person nicht kannte? Zedtwitz: Ja, das ist sehr schwer, deshalb versuche ich so viel wie möglich über das Leben des Verstorbene zu erfahren und auch persönliche Gespräche zu führen. Am schwersten ist es, wenn es um junge Verstorbene geht oder um Kinder, die man selbst kannte, da sie zum Beispiel Ministranten waren oder man die Taufe durchgeführt hat. Das sind Beerdigungen, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen.
Zischup: Gibt es als Pfarrer auch so etwas wie Rente oder ist man dies bis zum Lebensende?

Zedtwitz: Ja, bei uns liegt der Rentenbeginn aber etwas später als bei normal Berufstätigen, nämlich bei 70 Jahren.
Zischup: Was macht das Leben eines Pfarrers besonders?

Zedtwitz: : Mit Leuten zu arbeiten, da es durchaus nicht mehr selbstverständlich ist, wenn sich junge Leute noch in der Kirche engagieren oder sich die Zeit nehmen, in die Kirche zu gehen. Werte zu vermitteln und andere Menschen zu stärken.
Zischup: Was würden Sie als die größte Veränderung innerhalb der Kirche, die Sie erlebt haben, bezeichnen? Die größte Veränderung gab es nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, nach welchem es viele Neuerungen gab. Allerdings wurde durch die letzten Päpste die Kirche wieder mehr geschlossen. Jetzt wird zwar erneut versucht, sie zu öffnen, aber das stößt auf viel Widerstand.

Zischup: Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass immer weniger den Gottesdienst besuchen?

Zedtwitz: Zuerst sollte man betrachten, dass früher ein großer Druck herrschte. Die Menschen mussten in den Gottesdienst gehen. Heute dagegen ist man frei, und es herrscht kein Druck mehr. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass die Leute, die nicht mehr den Gottesdienst besuchen, nicht mehr gläubig sind. Viele haben nicht die Zeit, um in die Kirche zu gehen oder sie beten lieber allein. Diese Leute sollte man aber auf keinen Fall abschreiben. Ein anderes großes Problem ist, dass die Kirche sich schwer damit tut, neue Wege zu gehen.

Ressort: Schülertexte

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