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Vorstandsentscheidung

Die Musikindustrie zieht die Notbremse

Peter Disch
  • Do, 26. April 2018
    Rock & Pop

Nach dem Antisemitismusskandal soll der Branchenpreis "Echo" durch eine neue Auszeichnung mit anderen Kriterien ersetzt werden.

Der Anfang vom Ende des „Echo“: Kollegah mit Trophäe.   | Foto: dpa
Der Anfang vom Ende des „Echo“: Kollegah mit Trophäe. Foto: dpa
Nach der anhaltenden Kritik an der Vergabe des "Echo" an die Rapper Kollegah und Farid Bang schafft die Popbranche den Preis ab. An seine Stelle soll eine neue, noch namenlose Auszeichnung mit verändertem Konzept treten, Juroren sollen dann bei der Vergabe eine größere Rolle spielen. Das beschloss der Vorstand des Bundesverbandes Musikindustrie, der den "Echo" vergibt, am Dienstag in einer außerordentlichen Sitzung in Berlin.

Seit die Rapper Kollegah und Farid Bang am 12. April den "Echo" in der Kategorie HipHop für ihr Album "Jung, brutal, gutaussehend 3" erhalten hatten, auf dem sich antisemitische Textzeilen fanden, kam der Preis nicht mehr aus den Schlagzeilen. Politik, Kirchen, Musiker und Verbände kritisierten die Vergabe des Preises an das Duo, prominente Musiker wie Marius Müller-Westernhagen, Christian Thielemann oder Daniel Barenboim gaben ihre "Echos" aus Protest zurück.

Nun zog die Branche die Notbremse. Dass der Preis als Plattform für Antisemitismus, Frauenverachtung, Homophobie oder Gewaltverharmlosung wahrgenommen wurde, habe die Marke "Echo" so stark beschädigt, dass ein vollständiger Neuanfang nötig sei, erklärte der Bundesverband Musikindustrie, in dem alle großen Plattenfirmen vertreten sind. Dieser Schnitt ziehe auch Veränderungen bei den "Echos" für Jazz und Klassik nach sich. Jeder Preis werde eine eigene Struktur bekommen. "Im Zuge dessen werden auch die bisher involvierten Gremien ihre Tätigkeit einstellen. Die Kriterien der Nominierung und Preisvergabe werden dabei vollständig verändert."

Die für den 31. Mai geplante Verleihung des bisherigen "Echo Jazz" werde im kleineren Rahmen und ohne Fernsehen stattfinden. Wie es in der Klassik und dem Jazz bisher schon der Fall war – über deren Vergabe bestimmte allein eine Jury – sollen Preisrichter auch beim Pop stärker in den Vordergrund rücken. Was sich sonst konkret ändern wird, blieb am Dienstag offen. Bei einem Workshop im Juni sollen Ideen gesammelt werden, nach welchen Kriterien die neue Auszeichnung vergeben wir und welche Erwartungen die Branche an sie hat.

Dass der "Echo", der seit 1992 vergeben wurde, einen Nachfolger braucht, steht für den Bundesverband der Musikindustrie außer Frage: Deutschland sei der drittgrößte Musikmarkt der Welt und brauche auch in Zukunft einen Musikpreis "mit Leuchtturm-Charakter", um die Leistungen von Künstlern und Künstlerinnen zu würdigen.

Ressort: Rock & Pop

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