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  • Do, 06. November 2003
    Zisch

     

JUZ-INTERVIEW mit Petra Gehle vom Herzzentrum Lahr.

Die Lebenserwartung von Menschen mit Marfan-Syndrom liegt heute im Normbereich. Dennoch treten immer noch Todesfälle auf, oft wegen fahrlässigen Umgangs oder falsch gestellter Diagnose. Für die JuZ sprach Joe Evers darüber mit Petra Gehle, Assistenzärztin im Herzzentrum Lahr.

JuZ: Würden Sie das Marfan-Syndrom als lebensbedrohlich bezeichnen?
Petra Gehle: Das Marfan-Syndrom ist eine Bindegewebskrankheit, die eine Schwächung des Bindegewebes mit sich bringt. Das einzige Symptom, das sich bei nicht rechtzeitiger Operation lebensbedrohlich auswirken kann, liegt am Herz-Gefäßsystem. Genau über den Herzklappen kann sich die Hauptschlagader so sehr ausdehnen, dass das zu einem Riss der Aorta führen kann. Wenn kein sofortiger Eingriff erfolgt, verblutet der Patient an der inneren Verletzung.

JuZ: Gibt es äußerlich erkennbare Merkmale des Marfan-Syndroms?
Gehle: Die gibt es, sie müssen aber nicht bei jedem auftreten oder sofort zu erkennen sein, sondern bilden sich häufig erst im Laufe des Lebens vollständig aus. Dazu zählt die überdurchschnittliche Größe der Betroffenen, die meist sehr lange, schlaksige Beine und Arme haben im Gegensatz zu einem eher kurzen Oberkörper; im Brustbereich kann sich im Laufe der Zeit eine so genannte Trichterbrust herausbilden - und ein häufiges Symptom sind meist extrem lange und schmale Finger. Es ist aber genauso möglich, dass nur Symptome auftreten, die äußerlich nicht klar erkennbar sind, dass aber trotzdem eine gefährliche Erweiterung der Aorta vorliegt.

JuZ: Wie kann man feststellen, dass jemand vom Marfan-Syndrom betroffen ist?
Gehle: Es gibt zunächst mal einfache Überprüfungen, die jeder für sich selbst durchführen kann. Bei Betroffenen schaut der Daumen, wenn man ihn in die Faust steckt, auf der anderen Seite heraus. Oder man kann mit Daumen und kleinem Finger das Handgelenk umgreifen und, wenn dazu die Breite der ausgestreckten Arme länger ist, als die Körpergröße, ist das ein deutlicher Hinweis und man sollte sich in einer qualifizierten Marfan-Sprechstunde beraten lassen. (Adressen: siehe unten.)

JuZ: Kann das Marfan-Syndrom übertragen werden?
Gehle: Nur bei der Schwangerschaft kann es von der Mutter mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent an das Kind weitergegeben werden.

JuZ: An wen sollte man sich mit weiteren Fragen wenden?
Gehle: Jeder der sich genauer über Marfan informieren will, findet sehr hilfreiche Auskünfte im Internet auf der Website http://www.marfan.de Außerdem gibt es auch spezielle "Marfan-Sprechstunden".


Marfan-Sprechstunden im Herzzentrum in Lahr/Baden, Leitung: Petra Gehle, [TEL] 07821/925-101. In Freiburg an der Uniklinik gibt es die interdisziplinäre MarfanSprechstunde bei Dr. Ernst Weigang, Anmeldung unter [TEL] 0761/2702881 oder (unter 18 Jahren) bei Dr. Walter Knirsch, Anmeldung: [TEL] 0761/2704317.

Ressort: Zisch

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