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Zischup-Interview

"Ich sehe meine Zukunft hier in Deutschland"

  • Noemi Peccerillo, Klasse 8a, Kant-Gymnasium (Weil am Rhein)

  • Fr, 05. Mai 2023
    Schülertexte

Noemi Peccerillo wollte wissen, wie es ist, aus dem eigenen Heimatland zu flüchten. Die 15-jährige Anastasia aus der Ukraine hat ihr von ihrer Flucht erzählt. .

Abschiedsszene: Ein ukrainisches  Paar...r die Frau in Richtung Westen abreist.  | Foto: Andriy Andriyenko (dpa)
Abschiedsszene: Ein ukrainisches Paar umarmt sich, bevor die Frau in Richtung Westen abreist. Foto: Andriy Andriyenko (dpa)
Zischup: Stelle dich bitte erstmal vor und erzähle ein wenig von dir.

Anastasia: Ich heiße Anastasia, bin 15 Jahre alt und komme aus Konotop, einer Stadt aus der Ukraine. Ich habe meine Eltern und einen kleinen Bruder, der acht Jahre alt ist. Ich spiele sehr gerne Klavier und unternehme gerne Dinge mit meinen Freunden.

Zischup: Wie war dein Alltag vor der Flucht?

Anastasia: Ich bin zur Schule gegangen, weswegen ich wenig Zeit hatte. Ich habe trotzdem gerne meine Hobbys verfolgt und auch mal etwas mit Freunden unternommen.

Zischup: Wie lange bist du schon in Deutschland?

Anastasia: Ich bin jetzt ungefähr ein Jahr hier in Deutschland.

Zischup: Was ist an dem Tag, als Russland die Ukraine angegriffen hat, bei dir passiert?

Anastasia: Ich erzähle mal von Anfang an. Meine Mutter hat mich gegen sieben Uhr morgens geweckt und mir erzählt, dass der Krieg begonnen hat. Ich konnte es gar nicht glauben und sagte zu ihr, dass ich eine Mathearbeit schreibe und ich pünktlich zur Schule kommen will. Als ich dann die Nachrichten schaute, wurde mir klar, dass es ernst ist.

Zischup: Wie war die Reaktion darauf, was habt ihr dann unternommen?

Anastasia: Meine Mama hat gesagt, dass wir uns erstmal in Sicherheit bringen sollten, denn die russische Arme hat sehr schnell unsere Stadt belagert. Gegen Nachmittag hat unsere Mutter unsere Sachen gepackt, wir sollten schnell in den Keller gehen, da die Panzer draußen schon zu hören waren. Mein Bruder weinte und hatte Angst.

Zischup: Wie lange habt ihr euch versteckt und wann seid ihr geflüchtet?

Anastasia: Wir konnten nicht Ewigkeiten im Keller verbringen, da es sehr kalt war, es war Winter. Endgültig flüchten konnten wir erst nach etwas mehr als einem Monat, da die russische Armee unsere Stadt belagert hatte. Eine Flucht aus der Stadt war nicht möglich.

Zischup: Wer hat dich bei der Flucht begleitet?

Anastasia: Von meiner Familie waren es meine Mutter, mein Bruder und ich. Es sind noch eine Nachbarin und ihre zwei Kinder mitgekommen. Ebenfalls eine Freundin, auch mit zwei Kindern.

Zischup: Was ist mit deinem Vater?

Anastasia: Mein Vater war früher Soldat, das bedeutet, dass er für die ukrainische Armee kämpfen muss.

Zischup: Wie lief die Flucht ab und wohin seid ihr?

Anastasia: Die Flucht war sehr schwer. Wir sind, wie vorhin gesagt, zu neunt von Konotop bis nach Kiew mit dem Bus gefahren. Die Busfahrt dauerte nicht wie sonst drei Stunden, sondern fünf Stunden, aufgrund von zu vielen unsicheren Straßen. Wir haben dann in Kiew übernachtet. Am nächsten Morgen sind wir mit dem Zug weiter nach Polen gefahren, dort haben wir dann im Bahnhof übernachtet. Sehr früh am Morgen gegen drei Uhr sind wir weiter mit dem Bus nach Berlin, da hatten wir einige Stunden Aufenthalt und es wurde sich um uns gekümmert. Von Berlin aus sind wir weiter mit dem Bus nach Flensburg, wo wir noch heute sind.

Zischup: Wie wurdet ihr empfangen?

Anastasia: In Flensburg hat uns die Tante der Nachbarin empfangen. Sie lebt nämlich schon länger in Deutschland. Das war auch der Grund, weshalb wir nach Flensburg geflohen sind. Es hat uns auch eine Dame, die den ukrainischen Geflüchteten half, empfangen. Wir sind dann zu den Wohnungen der Tante unsere Nachbarin gefahren worden. Die Dame hat Ferienwohnungen, die sie uns Geflüchteten zur Verfügung gestellt hat.

Zischup: Vermisst du deine Heimat und würdest du wieder zurückgehen?

Anastasia: Ich vermisse meine Heimat sehr. Ich würde natürlich am liebsten wieder zurück, aber das ist momentan nicht möglich und es wird nie wieder wie damals sein.

Zischup: Wie siehst du deine Zukunft?

Anastasia: Ich sehe meine Zukunft hier in Deutschland, da niemand weiß, wie lange das alles noch geht und wann wir wieder zurückkehren können.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 05. Mai 2023: PDF-Version herunterladen

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