Die Meerjungfrau ist auf einmal blutrot
Statue in Kopenhagen ist vermutlich von Tierschützern eingefärbt worden, die ein Ende der färöischen Grindwaljagd wollen.
STOCKHOLM/KOPENHAGEN. Seit 1913 blickt die Kleine Meerjungfrau schwermütig vom Kopenhagener Hafen auf das Meer hinaus. In der Nacht zum Dienstag haben Unbekannte das Wesen aus Hans Christian Andersens Märchen wieder einmal verunstaltet. Die Bronzestatue war in blutrote Farbe getränkt. Offenbar haben Tierschützer die Statue angemalt. Doch bekannt hat sich niemand.
Auf dem Weg zu der Figur, die ein Touristenmagnet ist, stand in riesigen roten Buchstaben und englischer Sprache (damit die ganze Welt es versteht): "Dänemark verteidigt die Wale der Färöer-Inseln". Die Aktion wirft Licht auf ein unbarmherziges Volksfest auf den Inseln – die Grindwaljagd.
Die teilautonome dänische Inselgruppe mit eigener nordischer Sprache und Flagge liegt im Nordatlantik. Die rund 50 000 dort lebenden Nachkommen der Wikinger sind stolz auf ihre Identität. Zu der zählt auch ein, laut archäologischen Funden, über 1000 Jahre altes Ritual: eine Treibjagd zu Wasser, die sich "Grindadràp" nennt. Dabei werden laut Tierschützern jährlich rund 900 zur Art der Delphine zählende Grindwale und 300 Weißseitendelfine regelrecht abgeschlachtet. Sobald Meeressäuger in der Nähe der Küste gesichtet werden, wird dies in Windeseile verbreitet. Die Färinger fahren mit ihren Booten raus, um die Meeressäuger in eine flache Bucht zu treiben. Dort warten andere Insulaner im knietiefen Wasser. Spitze Stäbe werden tief ins Blasloch am Rücken der Tiere gerammt, um deren Echo-Ortungssystem außer Kraft zu setzen.
Tierschützer halten das nicht einmal für das Schlimmste. Mit traditionell angefertigten Messern schneiden die Insulaner den orientierungslos zappelnden Tieren dann aber die Kopfschlagader durch. Die ganze Bucht färbt sich dabei blutrot. Weil die Meeressäuger selbst unter Wasser bis zu 20 Minuten ohne Sauerstoff auskommen können, verbluten sie, anders als Menschen, mit vollem Bewusstsein. Dabei spüren sie alle folgenden unnötigen Messerstiche, die besonders aufgehetzte und oft auch angetrunkene Jäger austeilen. Wenn sie endlich tot sind, werden sie mit Haken an Land gehievt. Dort werden die Bäuche aufgeschlitzt, damit die Gedärme rausfallen. Manchmal fällt dabei auch ein Baby aus dem toten Leib der Mutter. Viele Kinder wohnen dem Spektakel bei und lernen, dass das alles ganz normal ist. Weil es auf den Färöer Inseln keine Bäume und somit keine Wälder mit Jagdwild gibt, freuen sich alle auf das volksfestähnliche Spektakel.
Auch deshalb stören sich die Einwohner sehr an den Tierschützern, von denen viele aus den USA stammen. Die Tierschutzorganisation "Sea Shepherd" ist jedes Jahr vor Ort., einmal hatte sie dazu sogar die US-Schauspielerin Pamela Anderson eingeflogen. Gegen die Jagd konnte dies aber nichts aussrichten. Mit der roten Meerjungfrau hätte man nichts zu tun, beteuert "Sea Shepherd". Aber man sympathisiere mit der Botschaft.
"Es ist völlig legitim, Tiere zu töten, um sie zu essen. Die Grindwale sind nicht vom Aussterben bedroht. Insgesamt geht es ihnen tausendmal besser als Kühen, Schweinen und Geflügel in der Massentierhaltung der Länder aus denen diese Tierschützer den Weg zu den Färöern zurücklegen", rechtfertigte dahingegen der konservative Politiker Rasmus Jarlov das Vorgehen im dänischen Rundfunk DR. "Also hört auf so heuchlerisch zu sein und konzentriert euch auf die wichtigen Tierschutzangelegenheiten, statt denen hinterherzueifern, die die dramatischsten Videoaufnahmen versprechen."
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