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Freestyle

Sign Spinners: Werbetafelhalter mit dem gewissen Dreh

  • dpa

  • Mo, 18. Mai 2015, 00:00 Uhr
    Panorama

     

Was als Geschäftsidee zweier High-School-Schüler begann, hat sich zu einer Freestyle-Disziplin samt Handbuch und Wettkampf entwickelt. Sign Spinners sind ganz besondere Werbetafelhalter.

Hüpfende Werbung für die Tankstelle: G...) und Danny Partida  in San Francisco   | Foto: dpa
Hüpfende Werbung für die Tankstelle: Greg Hakanson (links) und Danny Partida in San Francisco  Foto: dpa
Eigentlich wollten sich Mike und Max in jenem Sommer nur ein Paar Dollar dazu verdienen. Die 18 Jahre alten High-School-Freunde aus San Diego bekamen einen Mini-Job, bei dem sie Werbetafeln an einer Straßenkreuzung in die Luft hielten. Sie hätten sich zu Tode gelangweilt, erzählt Mike Kenny heute. "Glamourös war das nicht. Die Leute haben uns ausgelacht."

Und so begannen die Teenager mit ihren Kollegen, die breiten Werbetafeln zu werfen und zu wirbeln, sie durch die Luft flippen zu lassen und kunstvoll aufzufangen. "Kickflip" und "Helicopter" tauften sie ihre Tricks und traten in Wettkämpfen gegeneinander an. Autofahrer hupten, winkten und lachten, und plötzlich bekam ein eigentlich ödes Werbeschild an der Ecke die Aufmerksamkeit der Menschen. Die Idee des "Sign Spinning" war geboren.

Doch Geschäftsinhaber waren skeptisch. Niemand wollte den beiden Jungs Geld dafür geben, Schilder durch die Luft flattern zu lassen oder fürchteten, die Werbebotschaft ginge bei der ganzen Akrobatik verloren. Erst als eine Kundin in einem Matratzenhandel auf einen Schlag rund 3000 Dollar ausgab und erklärte, die "Sign Spinners" hätten sie auf den Laden aufmerksam gemacht, zogen Max Durovic und Mike Kenny ihren ersten großen Deal an Land.

Die Freunde gingen im Studium getrennte Wege, aber das junge Unternehmen wuchs. Durovic zog an die Ostküste nach Washington, Kenny blieb in Kalifornien. "Wegen der ersten Erfahrung, als niemand an uns glaubte, wollten wir es den Leuten umso mehr zeigen", erinnert sich der 31 Jahre alte Kenny. Sie verwandelten AArrow Advertising in ein Franchise-Unternehmen – heute zählen sie 40 Standorte in ganz USA und sind in neun weiteren Ländern vertreten, darunter auch in Deutschland.

Die Erfolgsgeschichte der beiden Gründer ist längst von einer Generation talentierter Spin-Akrobaten abgelöst worden, etwa vom 25 Jahre alte Greg Hakanson. Im roten T-Shirt steht er mit einem Kollegen vor einer Tankstelle an einer Straßenkreuzung im Geschäftsviertel San Franciscos. "Kostenloses Benzin heute", steht auf seinem Pfeil, mit dem der private Fahrdienst Uber neue Fahrer anheuern will. Sie führen Tricks vor, halten dann eine Pose im "Freeze" und winken den Autofahrern zu. Pausen machen sie kaum.
"Am ersten Tag bist Du grottenschlecht", sagt Hakanson. Doch man dürfe nicht aufgeben. Nach sechs Jahren beherrscht er mehr als 500 Tricks. "Mein Favorit ist die Water Mill", sagt er und dreht das Schild wie ein Wasserrad quer um seine eigene Körperachse. Unter den Spinners seien auch viele Kampfsportler, Breakdancer, Skateboardfahrer und Tänzer – sie alle werben für Kinos, Restaurants, Einzelhändler oder Telefonanbieter.

Einer der beliebtesten Tricks sei derzeit der "Helicopter Toss Scissor Takedown", sagt Gründer Mike Kenny: Man wirft das Schild hoch, damit es sich über dem Kopf dreht wie die Rotorblätter eines Hubschraubers, und fängt es dann während eines Handstands zwischen den Beinen wie eine menschliche Schere. In einem als"Tricktionary" bekannten Handbuch werden längst alle Tricks dokumentiert und erklärt – das Werk gilt als Betriebsgeheimnis.

Zwölf Stunden hat Hakanson am Stück schon geleistet, doch am Schluss so einer Schicht sei man am Ende seiner Kräfte. Auch Verletzungen zog er sich schon zu. AArrow Advertising zahlt in den USA zwischen 10 und 20 Dollar pro Stunde, je nach Trick-Repertoire und allgemeinem Auftritt. Die Superstars der Branche treten jährlich in einem Wettkampf in Las Vegas gegeneinander an. Auf der Straße seien Augenkontakt, Lächeln und eine aufgeschlossene Persönlichkeit aber mindestens genauso wichtig, sagt Kenny.

"Es ist ein riesiger Adrenalinschub", sagt Danny Partida, der mit Kopfhörern im Ohr neben Hakanson steht. "Wir sind sehr stolz auf den Job. Es gibt ein wöchentliches Training, man übt wie für eine Sportart." Ein Autofahrer habe ihm mal den Mittelfinger gezeigt, doch meist freuten sich die Menschen, die im Verkehr steckten, über die kleine Show-Einlage. "Selbst wenn ich befördert werde, möchte ich Spinnen, bis meine Knochen aufgeben."

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mo, 18. Mai 2015: PDF-Version herunterladen

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