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Umstrittene Rekordbrücke eingeweiht

  • dpa

  • Mi, 24. Oktober 2018
    Panorama

Eine Brücke von 55 Kilometern Länge und ein Tunnel von 6,7 Kilometern verbinden Hongkong mit Macao – das gefällt nicht allen.

Die Wirtschaft soll von der schlangenförmigen Brücke profitieren.  | Foto: dpa
Die Wirtschaft soll von der schlangenförmigen Brücke profitieren. Foto: dpa

HONGKONG (dpa). Überschattet von Kontroversen ist die weltweit größte Meeresbrücke zwischen Hongkong und dem Macao eröffnet worden. Bei einer Feier in Zhuhai gab Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping am Dienstag die Brücke ab Mittwoch für den Verkehr frei. Das Projekt verbindet die Wirtschafts- und Finanzmetropole nicht nur mit dem Spielerparadies Macao, sondern auch mit der südchinesischen Sonderwirtschaftszone Zhuhai.

Nach neun Jahren Bauzeit soll die Brücke im Perlflussdelta einen Wirtschaftsraum mit Hongkong und der Provinz Guangdong schaffen. Hongkong und Macao würden mit der Anbindung besser in die Volksrepublik integriert, sagte Chinas Vizepremier Han Zheng. Die Kosten gab die chinesische Regierung mit 120 Milliarden Yuan an, umgerechnet 15 Milliarden Euro. Die 55 Kilometer lange Verbindung besteht aus einer Brücke und einem 6,7 Kilometer langen Unterwassertunnel zwischen zwei künstlichen Inseln.

Nicht nur wegen zwei Jahren Bauverzögerung, Kostenüberschreitungen, mangelnder Transparenz, Korruption und dem Tod von zehn Bauarbeitern allein auf Hongkonger Seite ist das Projekt umstritten. Viele der sieben Millionen Einwohner Hongkongs fürchten genau die von Peking gewünschte stärkere Integration in die Volksrepublik und möchten lieber ihre Sonderrolle bewahren.

Seit der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie 1997 an China wird Hongkong in seinem eigenen Territorium mit hoheitlichen Grenzen als chinesische Sonderverwaltungsregion autonom regiert. Nach dem gleichen Modell wird auch die frühere portugiesische Enklave Macao seit ihrer Rückgabe 1999 an China eigenständig verwaltet.

Die Brücke reduziert die Fahrzeit für Menschen und Fracht in die Volksrepublik um mehrere Stunden. Heute dauert es vom Hongkonger Flughafen bis Zhuhai vier Stunden – künftig 45 Minuten. Vom Hongkonger Containerhafen in das 1,6 Millionen Einwohner zählende Zhuhai soll es künftig statt 3,5 Stunden nur noch 75 Minuten dauern.

Die wichtigste Zufahrtsstraße der Brücke zum Hongkonger Hafen wird erst nächstes Jahr fertig, was zum Streit über das Projekt beiträgt. So wird befürchtet, dass die Straßen durch den zusätzlichen Verkehr überlastet werden. Umstritten ist auch, dass die Brücke mit dem eigenen Auto nur mit besonderen Genehmigungen befahren werden kann. Die meisten Reisenden müssen Busse nehmen, um die Brücke nutzen zu können. Die Reisezeit nach Macao verbessert sich nicht wesentlich, da es nur eine Stunde mit der Fähre von Hongkong entfernt liegt.

Kritiker argumentieren, dass Hongkong sein Geld besser in soziale Vorhaben in der Stadt gesteckt hätte. "Das ganze Ding ist überflüssig", sagte die oppositionelle demokratische Abgeordnete des Legislativrates, Claudia Mo. "Wir haben Verbindungen zu Lande, zur See und in der Luft, in jeder Weise wie wir wollen. Warum brauchen wir zusätzlich eine Brücke?" Die Hongkonger Regierung verteidigte die Kostenüberschreitungen mit unvorhergesehenen Problemen. Sie nannte als Gründe "komplizierte Bedingungen für den Bau auf hoher See, die Schwierigkeiten in der Konstruktion, der Anstieg der Arbeits- und Materialkosten wie auch die Änderung des Designs und der Konstruktionspläne".

Der Hongkonger Kritiker und Bauingenieur Albert Lai meinte, dass viele dieser Probleme mit besserer Planung und Untersuchung der Baustätten hätten verhindert werden können. Der politische Druck, die Brücke so schnell wie möglich fertigzustellen, habe die Ingenieure "riskant" handeln lassen. Dem Auftragnehmer sei erlaubt worden, zwischendurch das Design und die Bauweise zu wechseln. Auch sei bei Sicherheitsverstößen weggeschaut worden.

Kritiker sahen auch einen viel zu großen Eingriff in die Natur. Der Bau der Brücke habe die Population des bedrohten und seltenen weißen Delfins in dem Meeresgebiet um 40 Prozent auf nur noch einige Dutzend zurückgehen lassen, berichtete die Delfinschutz-Gesellschaft.

Ressort: Panorama

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