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"Plötzlich gab es einen großen Rumms, und dann war es dunkel"

  • Fr, 16. Dezember 2016
    Schülertexte

     

ZISCHUP-INTERVIEW mit Andreas Hoffmann, der einen schweren Autounfall überlebte und heute junge Menschen zu vorsichtigen Autofahrern machen will.

Viel eingedrücktes Blech nach einer Kollision   | Foto: dpa
Viel eingedrücktes Blech nach einer Kollision Foto: dpa

Über sechs Jahre ist es jetzt her, als Andreas Hoffmann zusammen mit seinen Kollegen einen schweren Autounfall hatte. Sein Sohn Simeon Hoffmann, Schüler der Klasse 8a der Hugo-Höfler-Realschule, Breisach, sprach mit ihm über den Unfall und was danach kam.

Zischup: Wie kam es zu diesem Unfall?
Hoffmann: Ich war an diesem Tag in Villingen-Schwenningen an der Hochschule. Im Auto meiner Kollegen fuhr ich mit nach Hause. Plötzlich kam uns ein 40-Tonnen-Sattelzug entgegen. Er fuhr zu schnell um die Kurve und kippte hierbei auf uns. Ich saß hinten rechts und hörte meine Kollegin nur noch rufen "Pass auf! Der Lkw!" Dann gab es einen großen Rumms und es war dunkel. Es war plötzlich ganz still. Ich spuckte lauter kleine Scherben und Staub von den Airbags aus. Dann fing meine Kollegin an zu schreien, dass sie keine Luft mehr bekäme. Auch mein Kollege rief: "Andi, nimm das Dach von meinem Kopf!" Wir waren alle drei im Auto eingeklemmt und konnten nicht hinaus. Wir mussten warten, bis uns die Feuerwehr herausschneidet. In dieser Zeit ging mir viel durch den Kopf.
Zischup: Wie war deine Reaktion, als du realisiert hattest, dass du im Auto eingeklemmt warst?
Hoffmann: Ich hatte Angst, dass das Auto zu brennen anfängt. Aber diesen Gedanken schob ich schnell beiseite. Ich sah, dass es mir soweit gut ging und ich unverletzt war, abgesehen von ein paar Prellungen. Daher konzentrierte ich mich darauf, meinen zwei wohl doch sehr schwer verletzten Kollegen zu helfen. Ich versuchte, sie zu beruhigen. Mir fiel dann ein, dass ich ein Handy dabei hatte. Damit wollte ich dann einen Notruf absetzen. Leider hatte ich keinen Empfang. Ich versuchte es dann nochmals, und dann war der Akku fast leer. Irgendwann kam ich dann durch. Als sie mich fragten, wo wir denn wären, konnte ich das erst gar nicht sagen, da ich kurz vor dem Unfall gedöst hatte. Nach und nach halfen die mir, und wir konnten den Unfallort lokalisieren.
Zischup: Wie lange dauerte es, bis ihr aus dem Auto heraus kamt?
Hoffmann: Ich weiß nicht mehr, wie lange das gedauert hat. Es kommt einem sehr lange vor. Ich hörte dann die vielen Sirenen der Rettungsfahrzeuge und die Rotoren der Rettungshubschrauber. Das beruhigte mich. Die Feuerwehr schlug auf der Beifahrerseite die Scheibe ein und half meiner Kollegin, die vor mir saß. An meinen Kollegen kamen sie gar nicht ran, da das Dach ihn bis zum Schaltknauf eingeklemmt hatte. Er stöhnte nur noch vor sich hin. Ich konnte ihn gar nicht richtig sehen. Auch bei mir ging das Dach von der Dachkante rechts über mir bis links neben mir in den Rücksitz. Ich saß gefangen in einem kleinen Dreieck. Auch bei mir schlugen sie die Seitenscheibe ein und ich konnte dann selbständig aus dem Fenster hinaus klettern. Ich hatte danach sehr wackelige Knie und wollte wieder an das Auto zurück. Aber man brachte mich gleich in ein Krankenhaus. Bei den anderen zweien ging es noch sehr lange. Sie mussten fast das ganze Auto zerschneiden, um sie herauszubekommen. Erst nachts bekam ich mit, dass es beiden den Umständen entsprechend gut ging.
Zischup: Wie gehst du heute mit dem Unfall um?
Hoffmann: Ich hatte lange Zeit Alpträume. Auch heute noch bekomme ich beim Autofahren immer ein komisches Gefühl, wenn mir ein Lastwagen entgegenkommt. Ich war in psychologischer Behandlung und da erarbeiteten wir, dass ich mit Situationen Schwierigkeiten habe, in denen ich mit Hilflosigkeit und Kontrollverlust konfrontiert bin. Zwei Jahre nach dem Unfall gründete ich bei der Polizei eine Präventionskampagne, bei der ich zusammen mit Feuerwehrleuten, Rettungsdienstlern, Unfallopfern und Notfallseelsorgern in Gewerbeschulen gehe. Dort erzählt jeder seine erlebte Geschichte. Wir wollen die jungen Autofahrer aufklären, was bei einem Unfall auf sie zukommt. Wir haben bereits über 1000 Schüler erreicht. Eine Umfrage bei den Schülern im Rahmen einer Bachelorarbeit bestätigte uns, dass 90 Prozent der Schüler im Rahmen der Veranstaltung eine Bewusstseinsänderung erfahren. Ich hoffe, dass wir damit den einen oder anderen Unfall verhindern können.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 16. Dezember 2016: PDF-Version herunterladen

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