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Scharfe Zähne, bissige Texte

  • Kathrin Hagemann

  • Do, 16. Oktober 2003
    Zisch

     

Gar nicht so gefährlich: Judith Holofernes, Sängerin der Band "Wir sind Helden", hat am Freitag ein Heimspiel im Jazzhaus.

Rebellin. Neinsagerin. Blitzrhetorische Beschwerdeführerin. Das alles hat man über sie gehört. Scheint beinahe, als müsste man sich vor ihr in Acht nehmen. Und dann am Telefon klingt Judith Holofernes so unglaublich lieb und nett und überhaupt nicht gefährlich. Vielleicht behält sich die 27-jährige Sängerin der Band "Wir sind Helden" diese Eigenschaft für andere Gelegenheiten auf? Beispielsweise fürs Musikmachen. Am Freitag hat sie im Freiburger Jazzhaus ein Heimspiel.

Seit Judith Holofernes mit ihrer Band "Wir sind Helden" am Horizont aufgetaucht ist, ist sie bekannt wie ein bunter Hund. Sie singt über den ewigen Konsum. Darüber, wie es mit der Liebe bei Aurélie gar nicht erst klappt, weil ihr die deutschen Männer nicht offenherzig genug sind. Über Elefanten, die "Rüssel an Schwanz" durch den Urwald trampeln. Und über Monster. Die Texte - sie schreibt sie alle selbst - sind bissig, fröhlich und aggressiv zugleich.

Sie ist in Berlin geboren, in Freiburg aufgewachsen: "Ich verbinde mit Freiburg ein sehr entspanntes Leben. Vor allem laue Sommernächte auf irgendwelchen Plätzen oder im Park oder so", sagt Judith Holofernes. Nach dem Abitur machte sie Straßenmusik, dann studierte sie Kommunikationswissenschaften. "Da war dann aber ganz viel Werbung und so Kram dabei." Sie legte das Studium auf Eis. "Im Nachhinein bin ich froh, dass ich studiert habe, ich hab' doch was gelernt und sozusagen meine Zähne geschärft." Irgendwann landete sie wieder in Berlin. "Ich hänge an der Stadt. Berlin ist schön, weil man unbeobachtet vor sich hin wurschteln kann." Zu dieser Zeit stolperte Judith über Mark, Jean-Michel und Pola, die anderen drei Helden. Fertig war die Band. Wie "Wir sind Helden" dann ganz ohne Plattenvertrag mit ihrer Single "Guten Tag" den Durchbruch geschafft haben, ist Geschichte.

Was die Zeitungen über sie schreiben, liest sie "so wenig wie möglich, weil es nicht so gesund ist auf die Dauer". Der Gesundheit zuliebe hat sie auch noch nie eine ganze Folge "Popstars" geschaut. Manchmal sagt sie eben Nein. Öfter als andere? "Natürlich ist Neinsagen wichtig. Ich sehe mich als einen Menschen, der mit mehr Enthusiasmus Ja sagt - aber das beinhaltet auch immer ein Nein zum Gegenteil." Dann hätten wir noch gern gewusst, wie sie auf ihren Künstlernamen kam. Eine gewisse Judith bezirzt in einer biblischen Geschichte den Feldherrn Holofernes, nur um ihn schließlich umzubringen. Judith lacht. "Diese Geschichte hat mich einfach verfolgt. Ich fand es lustig, die beiden Feinde in einem Namen praktisch aneinander zu ketten."

"Ich mache nicht wirklich Pläne. Ich träume." Judith Holofernes

Jetzt ziehen die Helden durch Deutschlands Städte. Das Publikum kann Judiths Texte auswendig, zu ihrem Erstaunen: "Ich hab ja selber schon Mühe beim Auswendiglernen. Dann bin ich immer verblüfft, wenn die Leute so ziemlich fließend mitsingen, 'euer Leben zwickt und drückt nur dann nicht, wenn man sich bückt'." Fragt sich, wie weit man sich da Gedanken über die Zukunft machen kann. "Nicht besonders weit. In diesem Beruf kommt auch alles so schnell so anders. Ich mache sowieso nicht wirklich Pläne. Ich träume." Auch ganz idealistisch, zum Beispiel davon, die Welt besser zu machen? "Auf jeden Fall! Natürlich! Schon wenn man die Welt für sich allein ein bisschen verändert, macht man sie besser."


Das Konzert im Jazzhaus ist ausverkauft. Wenige Karten gibt's Freitag, 19 Uhr, noch an der Abendkasse.

Ressort: Zisch

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