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Ein Fisch, der zaubern kann!

  • Mi, 17. Mai 2017
    Theater

Weil alles immer besser, größer, schöner werden muss: Musiktheater "Gold" für Kinder im Werkraum des Theaters Freiburg.

Susanna Schnell (vorn) und Timo Stegmüller  | Foto: Maurice Korbel
Susanna Schnell (vorn) und Timo Stegmüller Foto: Maurice Korbel
Schummrig-golden ist das Licht im Werkraum des Theaters Freiburg. Auf dem Boden liegt Strandgut, es gibt Bretterstege, Holzkisten voller Sand und Steine (Ausstattung: Sarah Mittenbühler). Dichtgedrängt steht die erste Zuschauergruppe auf einem Floß und übt das "Schschsch" der Wellen. "Vor langer Zeit, weit weg von hier", erhebt Sopranistin Susana Schnell in dieser stimmungsvollen Robinson Crusoe-Kulisse ihre Stimme, sie spricht in den Theaternebel und das geheimnisvolle Knistern von Goldpapier hinein. Sie ist barfuß und trägt ein Fetzengewand aus blau-grauen Stoffen. In ähnlichem Kostüm steht Perkussionist Timo Stegmüller zwischen riesigem Xylophon, Marimbaphon und Schlagzeug.

Sehr behutsam entführt die Inszenierung des Musiktheaters "Gold" in eine zauberhafte, aber auch zunehmend bedrohliche Welt. Denn hier geht es entlang des Grimmschen Märchens "Vom Fischer und seiner Frau" um die Folgen von Unzufriedenheit und Gier. Ein spannendes und sehr aktuelles Thema, auch für Kinder. 2012 feierte Leonard Evers Oper mit dem Libretto von Flora Verbrugge im niederländischen Enschede die Uraufführung, seitdem wird es in der Textfassung von Barbara Bruni auch an deutschen Theatern landauf, landab gespielt. Das liegt sicher auch am Format: ein kleines, feines Stück mit nur zwei Akteuren, aber einem großen Imaginationsraum voll Musik, Klängen und Geräuschen.

In Freiburg setzt Regisseurin Miriam Götz in puncto Requisite ganz auf Reduktion: Rollenwechsel passieren allein durch Stimme, ein Beutel Glasmurmeln genügt als Fisch, das Schloss wird als Schattenspiel mit Echo dargestellt, das tobende Meer mit Publikumsgeheul und Trockeneis-Gewaber. Doch erst ist das Wasser still und durchsichtig wie Glas, leise murmeln und rasseln die Kieselsteine. "Ein Fisch, ein Fisch!"singt Susanna Schnell stolz, während sie mit einer imaginären Angel kämpft. Sie gibt ihren armen Fischerjungen kraftvoll, mit viel Schalk und Temperament. Wenig später kann dieser Jacob sein Glück kaum fassen, als er ein Paar geschmeidige, goldene Schuhe unter den Brettern findet. Also ist es wahr – der Fisch kann zaubern!

In seiner Geschichte werden Lieder, Texte, Bewegung und Musik verknüpft – mal gibt es Walzer, mal Jazziges oder einen wilden Trommelwirbel, wenn Jacob den Muschelpfad hinunterstürmt. Und weil alles immer noch viel besser, größer und schöner sein könnte, muss er in der folgenden Stunde diesen Weg auch gehen, obwohl er gar nicht mehr mag: Erst wollen seine Eltern ein Haus, dann einen Palast mit Schwimmbad und Bediensteten, dann eigene Flugzeuge für Reisen in die Karibik und den Vergnügungspark. Jacob, Papa, Mama – jeder reist für sich allein, wohlgemerkt. Wunschlos glücklich sind sie aber immer noch nicht …

Eine schöne Inszenierung, auf hohem musikalischen Niveau. Und auch wenn hier das meiste per Kopfkino passiert, gibt es doch viel zu sehen und zu hören: So wie die riesige Pommes-Marshmallow-Salami-Torte oder den tosenden Sturm …

Weitere Termine: 30., 31. Mai, jeweils 10 Uhr, 17., 18. Juni, 8., 9. Juli, jeweils 16 Uhr. Theater Freiburg, Werkraum. Ab 5 Jahren. Karten an der Theaterkasse oder unter Tel. 0761/201 2853

Ressort: Theater

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 17. Mai 2017: PDF-Version herunterladen

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