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"Wie ein Vampirbiss"

Sonja Zellmann
  • Sa, 06. Juni 2015
    Neues für Kinder

     

BZ-INTERVIEW mit Jörg Klinkenberg, der in Filmen und Hörspielen für die passenden Geräusche sorgt.

Allerhand Utensilien braucht Jörg Klinkenberg für seine Geräusche (hier bei der Drei-Fragezeichen-Show) – manchmal auch einen Teller oder eine Pampelmuse. Foto: Rother/Colourbox (2)
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Mögt ihr Hörspiele? Bibi und Tina oder Die drei Fragezeichen? Für die Aufnahme solcher Geschichten braucht man nicht nur Sprecher, sondern auch einen Experten für Geräusche: einen Geräuschemacher. Jörg Klinkenberg (59) ist so einer. Hufgeklapper, quietschende Bremsen? Das kriegt er locker hin, ohne in ein Auto oder auf ein Pferd steigen zu müssen. Vorige Woche war er mit der Drei-Fragezeichen-Live-Show in Freiburg zu Gast. Sonja
Zellmann hat ihn interviewt.

BZ: Wie wird man Geräuschemacher? Gibt es dafür eine spezielle Schule?
Klinkenberg: Nein, das ist kein Beruf, den man in einer Schule lernen kann. Da kommt man meist irgendwie so rein, indem man von einem erfahrenen Geräuschemacher eingelernt wird. Bei mir war das vor 25 Jahren mein Bruder Peter.
BZ: Sie machen zwar beim Drei-Fragezeichen-Live-Hörspiel mit, arbeiten sonst aber eher für Film und Fernsehen. Wie das? Werden die Geräusche denn beim Drehen nicht gleich mit aufgenommen, zum Beispiel das Klackern von Schuhen, wenn jemand über Pflastersteine geht?
Klinkenberg: Schon, aber diese Geräusche sind in der Aufnahme oft nicht deutlich genug zu hören, da sie beispielsweise von einem Gespräch, das die Personen beim Laufen führen, übertönt werden. Daher muss jemand wie ich die Geräusche anschließend nachbearbeiten und neu aufnehmen. Neben Schritten sind das vor allem Bewegungen wie das Knistern von einem Hemd, wenn jemand mit den Armen fuchtelt, oder Ohrringe, die bei der Kopfbewegung leise klimpern. Allein für die Schritte habe ich zwei Koffer voll unterschiedlicher Schuhe, mit denen ich auf verschiedenen Trittflächen laufe, zum Beispiel einem Holzboden oder einem Boden mit eingelassenen Steinen.
BZ: Kann man die Geräusche denn nicht einfach wiederverwenden, wenn man sie einmal aufgenommen hat?
Klinkenberg: Nein, denn jede Situation ist ja anders. Ich bin einmal gegen ein Geräuscharchiv eines Computers angetreten. Ich war viel schneller als die Computerleute, da ich rascher darauf reagieren konnte, welches Geräusch im Film gefragt war. Die Computerleute mussten die Geräusche erst suchen und zusammenbasteln.
BZ: Geben Sie doch mal ein paar Beispiele: Wie geht Türknarzen?
Klinkenberg: Das macht man mit dem Band einer Kassette. Man hält es in der einen Hand, fasst es mit Daumen und Zeigefinger der anderen und fährt so daran entlang. Das gibt zwar ein eher quietschendes Geräusch, doch wenn man den Ton verstärkt, indem man das Ganze in einem Resonanzkörper macht, zum Beispiel einer leeren Alukiste, wird er zum Knarzen.
BZ: Und weiter?
Klinkenberg: Quietschende Reifen stelle ich nach, indem ich eine geriffelte Wärmflasche über Linoleum schleife oder mit angefeuchtetem Handballen in einem sauberen Teller reibe, Schritte im Schnee, indem ich Speisestärke knete. Eine Stange Sellerie zu zerbrechen hört sich an wie das Knacken, wenn ein Knochen bricht, ein Biss in eine Pampelmuse wie der Biss eines Vampirs in den Hals eines Menschen. Irgendwie lässt sich jedes Geräusch nachmachen. Man muss allerdings erfinderisch sein!

Ressort: Neues für Kinder

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 06. Juni 2015: PDF-Version herunterladen

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