Erst das Erdbeben vor drei Jahren, nun der Hurrikan Sandy: Haiti leidet unter den Folgen von Naturkatastrophen – und unter der Unfähigkeit seiner Regierung.
Sie nennen ihn Monster, fürchten seine überschäumende Kraft, die alles mit sich reißt. Ihre Plantagen, ihre Häuser, ihr Leben. Wenn der große Fluss von Marigot über das Ufer steigt, ist das Unglück nicht mehr aufzuhalten, weiß Teresia Jeudi. "Er macht mir Angst", sagt die haitianische Bäuerin, legt die Schaufel beiseite und wischt sich den Schweiß von der Stirn.
Das Monster schläft an diesem sonnig-schwülen Tag, es ist das Ende der Regenzeit, der Fluss der Küstenstadt Marigot im Süden Haitis ist nur mehr ein Rinnsal in einem gigantischen Schotterbett, umrahmt von Geröll auf 200 Meter Breite, als hätten die Götter mit Kieseln gespielt. "Dort war mein Feld mit Bohnen und Bananen", klagt die Bäuerin und zeigt auf einen Grünstreifen mit einzelnen Palmen, "fast alles ist weg." Teresia Jeudi trägt Gummistiefel ...