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Kleiner Ameisenmann – großer Held

  • Do, 23. Juli 2015
    Kino

COMIC-VERFILMUNG: "Ant-Man" von Edgar Wright ist auch dank des Hauptdarstellers Paul Rudd ein großer Kinospaß.

Superheld in Kleinformat: Ant-Man   | Foto: dpa
Superheld in Kleinformat: Ant-Man Foto: dpa
Mit ihrem unaufhörlichen Strom an Comic-Verfilmungen haben sich die Marvel-Studios während der letzten Jahre stets in neue Superlative hinein gesteigert. Immer finsterer wurden die Bösewichte, immer stärker die mutigen Helden, immer bombastischer die Effekte, die die Kämpfe auf der Leinwand zeigen. Mit "Avengers Age of Ultron" stand das Größer-Schneller-Lauter-Konzept schließlich kurz vor der Hyperventilation.

In seiner neuen Produktion "Ant-Man" schaltet der Konzern nun ein paar Gänge runter und führt einen neuen Helden ins Marvel-Kino-Universum ein, der ein notwendiges Gegengewicht zu der Angeberriege von Thor, Captain America und Iron-Man bietet. Eigentlich ist dieser Scott Lang (Paul Rudd) ein Kleinganove, der nun ein gesetzestreues Leben führen will, um seiner geliebten Tochter ein guter Vater zu sein. Aber die Resozialisierung gestaltet sich schwierig und als der Wissenschaftler Dr. Hank Pym (Michael Douglas) ihn als Einbrecher und womöglich Weltenretter anwerben will, lässt sich Scott auf das Unternehmen ein.

Pym hat eine Technik entwickelt, mit der die Atom- und Zellstrukturen verkleinert und ein Mensch auf Ameisengröße geschrumpft werden kann. Nun sind seine Forschungen in die falschen Hände geraten und der smarte Unternehmer Darren Cross (Corey Stoll) will das Verfahren an die Organisation Hydra verkaufen, deren finstere Machenschaften Eingeweihten etwa aus "Captain America" geläufig sind. Nicht nur an diesem Punkt wird die Verlinkungsstruktur zum Marvel-Kosmos aufgebaut. Der ganze Film liest sich wie ein Bewerbungsschreiben des Ameisenmannes für das Avengers-Team. In der Tat könnte dieser Ant-Man ein wenig frischen Wind in das Imperium bringen, denn Scott Lang ist nicht nur die kleinste, sondern auch die menschlichste Figur im Arsenal der aufgeblasenen Superhelden. In seiner Bescheidenheit ist er ein Seelenverwandter von Peter Parker und tatsächlich atmet Peyton Reeds Ant-Man jene jugendliche Frische, die auch Sam Raimis erste Spider-Man-Verfilmung aus dem Jahr 2002 auszeichnete.

Dreh- und Angelpunkt sind hier natürlich der Wechsel zwischen Ameisen- und Normalmenschperspektive. Das Spiel mit Größen und Relationen gehört zu den Lieblingssportarten des Kinos seit der ersten Verfilmung von Gullivers Reisen im Jahr 1902.

Die visuellen Segnungen digitaler Bildproduktion freilich eröffnen neue Möglichkeiten. Aber es sind weniger die aufwendigen Flugsequenzen des Miniaturmannes durchs Innere eines Computerservers, die den hohen Spaßfaktor des Filmes bestimmen. Es ist der selbstironische Humor, mit dem Ant-Man im Winzlingsformat das Superhelden-Genre auf den Arm nimmt. Das Finale etwa wird auf dem Gelände einer Modelleisenbahn ausgetragen. Als die Lokomotive auf den Bösewicht zurast, tritt der in bester Superheldenmanier der Gefahr mit einem ausgestreckten Arme entgegen. Die Kamera springt zurück in die Menschenperspektive, wo eine Modelleisenbahn auf unspektakuläre Weise entgleist. Spielerische Detailfreude lotet hier die Möglichkeiten der Parallelwahrnehmung aus.

Dazu passt die augenzwinkernde und tiefenentspannte Performance von Paul Rudd. Sein Ant-Man zeigt, dass Heldentaten auch ohne Machogehabe vollbracht werden können – und das ist in einem Genre, das bisher hemmungslos die Allmachtsfantasien seiner Zielgruppe bedient hat, doch einmal eine willkommene Abwechslung.
– "Ant-Man" von Edgar Wright läuft flächendeckend. Ab 12.

Ressort: Kino

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 23. Juli 2015: PDF-Version herunterladen

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