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Organisation

Freiburgerin hilft krebskranken Kindern im Libanon

Heidi Ossenberg
  • Mo, 27. März 2017, 07:56 Uhr
    Liebe & Familie

Unterstützung für die Kleinsten in schwierigen Zeiten: Der gemeinnützige Verein "Akuthilfe für Kinder und Jugendliche im Libanon" wurde von der Freiburgerin Miriam Younes mitbegründet.

Der vierjährige Amash aus Syrien bekom... Younes (Mitte) und Ärztin Layal Issa.  | Foto: privat
Der vierjährige Amash aus Syrien bekommt im Krankenhaus in Beirut Besuch von Miriam Younes (Mitte) und Ärztin Layal Issa. Foto: privat
Welch ein Alptraum, wenn ein Kind schwer erkrankt! Die Welt gerät für das betroffene Kind, für Eltern, Geschwister, Großeltern und Freunde aus den Fugen, die Prioritäten ändern sich von einem Moment auf den anderen. Jetzt gilt es, alle Kräfte zu bündeln und eine gute medizinische und soziale Versorgung sicherzustellen. So sehr dieses Szenario schon Menschen in Deutschland erschreckt – um wie viel schlimmer ist es, wenn die Familie keine Krankenversicherung hat, wenn notwendige medizinische Hilfe nicht finanzierbar ist, wenn es womöglich kein soziales Netz gibt, weil die betroffene Familie aus ihrer Heimat geflohen ist, und die Zukunftsaussichten ohnehin düster sind. Diesen Menschen zu helfen, ist das Anliegen des gemeinnützigen Vereins "Akuthilfe für Kinder und Jugendliche im Libanon", der von der Freiburgerin Miriam Younes gegründet wurde.

Anlass zur Gründung des Vereins war der Hilferuf eines Freundes im Libanon im Jahr 2012. Seine Nichte Myriam, noch keine zwei Jahre alt, war an Leukämie erkrankt – und es war nicht genug Geld da, um die lebensnotwendige Hilfe, die in dem kleinen Land im Nahen Osten grundsätzlich geleistet werden kann, zu finanzieren. "Es musste damals sehr schnell gehen mit der Vereinsgründung", erinnert sich Miriam Younes, die wir am Telefon in Beirut erreichen. Zu siebt – es bedarf sieben Mitglieder, um einen Verein zu gründen – traf man sich am Basler Bahnhof. Der Verein wurde ins Freiburger Handelsregister eingetragen, in Freiburg hat man sich schon mehrfach zur Jahressitzung getroffen. Seinen Sitz hat der Verein in Hildesheim.

Die Hilfe für Myriam sollte der Startschuss für das ehrenamtliche Engagement der in Freiburg geborenen und aufgewachsenen Frau mit libanesischem Vater sein. Sie hat in Freiburg Islamwissenschaften studiert und lebt seit einigen Jahren im Libanon. In Beirut ist sie bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung als Programmdirektorin für das Land angestellt. "Ich hatte zuvor nie etwas mit kranken Menschen zu tun", berichtet sie. Manchmal gibt das Leben einem eben vor, was zu tun ist. "Ohne das Team vor Ort, das sich mittlerweile gefunden hat, wäre das nicht zu machen", sagt die 35-Jährige. Denn der Bedarf an Helfern ist groß – vor allem, seit der nicht enden wollende Bürgerkrieg im Nachbarland Syrien so viele Flüchtlinge in den Libanon zwingt.

Gerade betreut die Akuthilfe Muhibeddine, den neunjährigen Sohn einer alleinstehenden Flüchtlingsfrau, die in einem Camp "in einer gefährlichen Gegend" lebt. "Da geht es auch darum, dass die Frau ihr Kind im Krankenhaus besuchen kann, also um Transporthilfe, und darum, ihr in dieser Situation als Mensch beizustehen." Außerdem unterstützt der Verein im Moment die zweijährige Salma, die dringend eine Knochenmarktransplantation benötigt.

Wie erfahren Miriam Younes und ihre zehn bis 15 Helferinnen und Helfer vor Ort von einem neuen Fall? Mittlerweile, so Younes, hat sich herumgesprochen, was die Akuthilfe und der kürzlich auf lokaler Ebene gegründete Verein Karma leisten. Es gibt ein Netzwerk, das aus drei Krankenhäusern in Beirut und mehreren Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) besteht. "Ich bin meist die erste Ansprechpartnerin; ich erfahre von einem erkrankten Kind über Ärzte, mit denen wir seit Jahren zusammenarbeiten, aber auch über das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, UNHCR, oder direkt über die Eltern." Das erklärte Ziel des Vereins ist es, Geld für die medizinische Versorgung des schwer erkrankten Kindes zu sammeln. Alle Spenden gehen daher an die behandelnden Krankenhäuser. Die Mitarbeiter vor Ort und auch in Deutschland arbeiten ehrenamtlich. Die administrativen Kosten betragen nach Angaben der Jahresberichte, die auf der Homepage einzusehen sind, unter zwei Prozent.

Die Schicksale der kleinen Patientinnen und Patienten sind hart: Der fast fünfjährige Majd etwa leidet an akuter lymphatischer Leukämie (ALL). Mit einem Anteil von etwa 80 Prozent ist die ALL die häufigste Form der Leukämie bei Kindern und Jugendlichen. Besonders betroffen sind Kinder unter vier Jahren. Bekämpft wird die Krankheit durch Chemotherapie. Majds Familie stammt aus Syrien und floh vor den dortigen Kämpfen. Heute lebt die Familie in Tripoli und lässt Majd in Beirut behandeln. Auch gegen Ameers schnell wachsenden Tumor (Burkitt-Lymphom) hilft nur eine Chemotherapie. Der kleine Iraker kam mit seinen Eltern und seinen beiden Brüdern nach Beirut, um im Krankenhaus behandelt zu werden. Sein Vater ist Lehrer, er ist mittlerweile an seine Arbeitsstelle zurückgekehrt. Nur Ameers Mutter blieb bei ihrem Sohn.

Das Geld wird ausschließlich für die medizinische
Versorgung verwendet

Ans Aufhören oder an Kapitulation angesichts immer neuer Erkrankter denkt niemand, der sich Akuthilfe oder Karma angeschlossen hat. "Es gibt keine andere Organisation, die sich um diese Fälle kümmert", sagt Miriam Younes. Sie betont, dass die medizinische Versorgung im Libanon sehr gut sei, dass es ihrer Meinung richtig sei, dass die Kinder vor Ort behandelt und nicht ins Ausland gebracht werden – auch, weil dadurch viel Zeit gespart wird. Hat der Verein genügend Spenden gesammelt, um erste Teile einer Therapie zu bezahlen, dann ergeben sich den Erfahrungen der Helfer nach oft Möglichkeiten vor Ort, auch den Rest des Geldes aufzubringen. Doch natürlich gibt es nicht nur Siege zu feiern – kleine Patienten sterben trotz der ärztlichen Hilfe. "Manchmal ist auch einfach nicht genug Geld da. Wenn man dann Nein sagen muss, wenn ich dann den Schmerz der Eltern, der Familien sehe, dann überfordert mich das", sagt Miriam Younes.

Kinder mit Krebserkrankungen, das hat die 35-Jährige in den vergangenen Jahren gelernt, sind oft sehr, sehr tapfer. "Sie leben im Augenblick, sie freuen sich, wenn man sie besucht, etwas mit ihnen unternimmt. Diese Arbeit hat etwas sehr Schönes."

Wer helfen will:
Akuthilfe für Kinder und Jugendliche im Libanon e.V.
http://akuthilfe-kinder-libanon.de
Spendenkonto:
VR-Bank Altenburger Land
IBAN: DE07830654080004966805
BIC: GENODEF1SLR

Ressort: Liebe & Familie

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mo, 27. März 2017: PDF-Version herunterladen

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