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Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald

Mehr Motorradunfälle im Kreis – trotz verstärkter Kontrollen

Jannik Jürgens
  • Do, 31. Oktober 2019, 17:38 Uhr
    Kreis Breisgau-Hochschwarzwald

     

Die Bilanz ist ernüchternd:Obwohl die Polizei stärker kontrollierte, gab es mehr Unfälle und mehr schwerverletzte Biker. Die Verkehrsüberwachung stoße an Grenzen, sagt die Polizei.

Motorräder haben keine Knautschzone. Das Risiko, bei einem Unfall zu sterben, ist hoch. Foto: Julian Stähle (dpa)
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Ein Grund für die zahlreichen Unfälle: Der Schwarzwald ist beliebt bei Bikern aus ganz Europa, und manch einer missbraucht die engen Kurven im Gebirge als Rennstrecke. Sind drei tote und 41 schwerverletzte Motorradfahrer in der Saison 2019 also das, was auszuhalten ist? "Als Verkehrspolizist kann man das nicht akzeptieren", sagt Uwe Oldenburg vom Polizeipräsidium Freiburg.

Eine Unfallstelle, sagt Uwe Oldenburg, rieche nach Schweiß, Blut und Benzin. Im Kopf des Polizisten habe sich dieser Geruch festgesetzt. Genau wie die Bilder von den Motorradfahrern, die gegen Leitplanken knallten, von Autos erfasst wurden oder Böschungen hinab rollten. "Die Bilder gehen nicht mehr weg", sagt Oldenburg. Wenn Angehörige, so wie die Freundin, die mit dem Auto direkt hinter ihrem verunglückten Freund fuhr, den Unfall mitbekämen, sei das besonders schlimm.

Jeder Motorradunfall ist einer zu viel

Die meisten würden sofort zur Leiche wollen, sagt Ronny Plaul, der als Verkehrspolizist in dieser Saison viele Motorradfahrer kontrollierte. "Wir müssen sie dann zurückhalten." Denn in ihrem Schock würden die Menschen oft nicht wahrnehmen, dass sie sich selbst in Gefahr bringen. Eines wird schnell klar, wenn die beiden Polizisten über Motorradunfälle reden: Jeder ist einer zu viel. Denn meist sind die Folgen gravierend.

Die Motorradunfälle im Landkreis sind im Vergleich zum vergangenen Jahr gestiegen: Von 98 auf 110. Dabei wurden 41 Menschen schwer verletzt (2018 waren es 30) und 60 leicht (2018 waren es 46). Die Zahl der Toten ist von vier auf drei zurückgegangen. Nach Unfällen nördlich von Staufen, am Schauinsland sowie zwischen Lenzkirch und Schluchsee starben Motorradfahrer. Die Zahlen stammen von der Polizei und beziehen sich jeweils auf den Zeitraum von Januar bis September, in dem die meisten Motorradfahrer unterwegs sind. Unfallschwerpunkte im Hochschwarzwald liegen auf der L 128 bei Sankt Märgen, der Spirzenstrecke von Buchenbach zum Thurner, der K 4957 von Münstertal zum Schauinsland und rund um den Schluchsee (siehe Karte).

1600 Motorräder hat die Polizei kontrolliert

Im gesamten Präsidium Freiburg hat die Polizei 53 Motorradkontrollen durchgeführt, insbesondere in den Monaten April, Juli und September. 1600 Motorräder wurden dabei unter die Lupe genommen. Das seien 300 mehr gewesen als im Vorjahr. Dabei seien 379 Polizisten eingesetzt worden, rund ein Drittel mehr als im Vorjahr. 236 Mal stellten die Beamten zu schnelle Geschwindigkeit fest, 132 Mal technische Mängel und Veränderungen. "Wir würden gerne regelmäßiger kontrollieren", sagt Uwe Oldenburg. Doch dafür reiche das Personal nicht aus.

Die verstärkten Kontrollen scheinen allerdings keinen Einfluss auf die Unfallzahlen zu haben. An einzelnen Stellen seien die Kontrollen verdreifacht bis vervierfacht worden – bei gleich vielen Unfällen wie in der vergangenen Saison. "Das ist ein Beispiel dafür, wo Verkehrsüberwachung an Grenzen stößt", sagt Oldenburg. In aller Regel sei der Faktor Mensch das auslösende Element für einen Unfall. Zwar hat die Europäische Kommission die Strategie "Vision Zero" herausgegeben, wonach es in Zukunft gar keine Verkehrstoten mehr geben soll. Aktuell sei das nicht machbar, sagt Oldenburg. Grob könne man sagen, dass die Hälfte der Motorradunfälle von Motorradfahrern verursacht werden – bei der anderen Hälfte seien andere Verkehrsteilnehmer schuld.

Polizist wünscht sich Halterhaftung für Motorräder

Wenn man fragt, warum die Polizei dann überhaupt kontrolliere, kommt Plaul wieder auf die Bilder im Kopf zu sprechen. "Sie sind der Antrieb, alles zu versuchen, dass es weniger Unfälle gibt", sagt er. Denn zumindest in den Bereichen, wo die Polizei kontrolliere, hielten sich die Motorradfahrer für den Moment ans Tempolimit. Dass sie meist schnell wüssten, wo kontrollierte werde, stört die Polizisten nicht. "Ich will kein Geld einnehmen. Ich will, dass weniger Unfälle passieren", sagt Oldenburg. Um die Kontrollen für die Polizei zu vereinfachen, wünscht sich der Polizist eine Halterhaftung auch bei Motorrädern.

Besonderes Augenmerk habe die Polizei bei Kontrollen auf technische Veränderungen gelegt. Die billigste und eher bei jungen Fahrern verbreitete Veränderung sei das Herausschrauben des Dezibel-Killers. Meist hätten die Fahrer das Bauteil des Schalldämpfers dabei und könnten es wieder einbauen. Ansonsten erlösche die Betriebserlaubnis. Schwieriger sei es, eine Auspuffanlage zu erkennen, die zwar allgemein, aber nicht für das Motorradmodell zugelassen sei. Und dann gebe es noch Klappen-Auspuffanlagen, die den Zweck hätten, Lärm zu machen. Das Problem: Bei einer Standkontrolle kann die Polizei nichts nachweisen.

Leitplanken ohne Unterfahrschutz bergen Risiko

Wenn Motorradfahrer stürzen, stellen die Pfosten der Leitplanken ein erhebliches Verletzungsrisiko dar. Das geht aus der ADAC-Unfallforschung hervor. Deswegen rät der ADAC, Unterfahrschutz anzubringen. Das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald rüste Gefahrenstellen regelmäßig nach und nennt Abschnitte der L 123 zwischen Stohren und Neuhof, und der L 127 zwischen St. Peter und Eschbach als Beispiele.

Ressort: Kreis Breisgau-Hochschwarzwald

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 02. November 2019: PDF-Version herunterladen

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