Soll in Deutschland irgendwo ein Nationalpark entstehen, ist Protest nicht weit. Warum? Eine Spurensuche in Hessen und im Nordschwarzwald.
Dicke Regentropfen sammeln sich am unteren Rand seines Hutes, während Hermann Bieber mit kräftigen Schritten über feuchte Buchenblätter und aufgeweichte Bucheckerschalen stapft. Es nieselt an diesem ungemütlichen Januarmorgen im Nationalpark Kellerwald-Edersee, milchiger Nebel hüllt die Wipfel der Buchen ein und schafft einen Hauch Unwirklichkeit. Hermann Bieber, der große Ranger – grauer Anorak, Outdoor-Hose und Wanderstiefel – deutet in den Himmel, wo ein Schwarm graubrauner Wacholderdrosseln vorbeifliegt. Er erzählt vom schwarzen Storch, der im Park beheimatet ist, von der Wildkatze, dem roten Milan, bleibt dann kurz stehen und sagt: "Und dreimal ist hier der veilchenblaue Wurzelhalsschnellkäfer nachgewiesen worden."
Hermann Bieber sagt das in dem Tonfall, in dem andere Leute sagen würden: "Bei mir war Brad Pitt dreimal zum Kaffeetrinken." Die Botschaft ist klar. Die Sache mit dem veilchenblauen Wurzelhalsschnellkäfer ist etwas Besonderes, etwas Seltenes. Der rund zehn Zentimeter große Käfer ist eine sogenannte Urwaldreliktart und droht in Europa auszusterben. Der Krabbler kann nur in totem Holz leben, genauer ...