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Interview mit Polizeipräsident

Polizei: Derzeit mehr Einbrüche in Südbaden als üblich

Ronny Gert BürckholdtInes Alender
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  • Mi, 24. Oktober 2018, 15:04 Uhr
    Südwest

In der Region sind momentan mehr Profieinbrecher unterwegs als sonst. Freiburgs Polizeipräsident Bernhard Rotzinger erklärt im Interview, wie die Polizei versucht, dagegenzuhalten. Um sich vor Einbrüchen zu schützen, kann man einige Tipps beachten.

Nicht immer kommen die Einbrecher im D...hnungseinbrüche wird am Tag  begangen.  | Foto: dpa
Nicht immer kommen die Einbrecher im Dunkeln. Über ein Drittel aller Wohnungseinbrüche wird am Tag begangen. Foto: dpa
BZ: Herr Rotzinger, in den Lokalteilen unserer Zeitung mehren sich Berichte über Wohnungseinbrüche. Wird im Moment in Südbaden besonders viel eingebrochen?

Rotzinger: Wir haben einen sehr starken Anstieg der Wohnungseinbrüche seit etwa vier bis fünf Wochen über das jahreszeitlich ohnehin übliche Maß hinaus – von Emmendingen im Norden bis Waldshut im Süden. In unserem Zuständigkeitsbereich, in dem etwa eine Million Menschen wohnen, haben wir derzeit mehr als 50 Einbrüche pro Woche. Das sind bei Weitem zu viele Einbrüche und wir arbeiten dagegen – auch, weil viele Geschädigte von Wohnungseinbrüchen sehr darunter leiden.

BZ: Wie arbeiten Sie denn dagegen?

Rotzinger: Wir kontrollieren derzeit intensiver, etwa mit vermehrten Fahrzeugkontrollen. Wir suchen Einbruchswerkzeuge und mögliches Diebesgut. Noch besser ist es natürlich, wenn wir Einbrecher auf frischer Tat erwischen. Wir hatten in den vergangenen Tagen ein paar schöne Ermittlungserfolge.

BZ: Nämlich?

Rotzinger: Wir hatten jüngst nach einem auffälligen cremefarbenen Mini gesucht, der im Umfeld eines Einbruchs in der Region gesehen worden war. Den haben wir nun bei einer Fahrzeugkontrolle nahe Offenburg festgestellt. Es wurde eine Gruppe von drei mutmaßlichen Einbrechern festgenommen, in diesem Fall aus Albanien, die inzwischen in Haft sitzen. Seitdem gehen die Einbruchszahlen im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald zurück.

"Wenn jemand anruft und sagt, da steht jemand beim Nachbarn im Garten, der dort nicht hingehört, hilft uns das sehr." Bernhard Rotzinger
BZ: Wer steckt denn hauptsächlich hinter den Einbrüchen? Sind das Profis?

Rotzinger: Wir haben übers Jahr immer ortsansässige Einbrecher. Oft geht es da um Beschaffungskriminalität. Mit Beginn der dunklen Jahreszeit kommen dann reisende, gewerbsmäßige Täter hinzu. Sie sind professionell, schnell und weitgehend geräuschlos. Wir sind mit den Kollegen in der Schweiz und in Frankreich im Austausch, weil die Täter nicht nur bei uns, sondern auch dort einbrechen. Sie sind mobil und arbeitsteilig organisiert. Meist sind es drei Personen: zwei brechen ein, einer fährt das Fahrzeug. In einigen Fällen trennen sie sich schnell von der Beute, übergeben sie zum Beispiel an einen Logistiker. So kann es sein, dass wir nahe des Tatorts Verdächtige kontrollieren, die die Beute gar nicht mehr bei sich haben.

BZ: In den vergangenen zwei Jahren war die Zahl der Einbrüche in Deutschland stark zurückgegangen. Ist dies nicht vor allem ein Ergebnis dessen, dass die Menschen mehr in die Sicherheitstechnik von Häusern und Wohnungen investieren, und weniger Ihr Verdienst als Polizei?

Rotzinger: Es ist eine Mischung aus beidem. Wir als Polizei setzen einerseits auf Kontroll- und Ermittlungsarbeit, andererseits beraten wir die Bürger dabei, ihr Eigentum besser zu schützen – nicht nur die, die bereits Geschädigte von Einbrüchen sind. Was uns am meisten bringt in der Ermittlungsarbeit, sind zudem Hinweise aus der Bevölkerung. Wenn jemand anruft und sagt, da steht jemand beim Nachbarn im Garten, der dort nicht hingehört, hilft uns das sehr. Ohne diese Anrufe gäbe es die meisten Festnahmen auf frischer Tat nicht.

BZ: Nach diesem Interview werden möglicherweise einige Anrufer den regulären Gärtner des Nachbarn melden.

Rotzinger: Der Gärtner ist in der Regel in einer wachsamen Nachbarschaft bekannt. Und wenn er doch fälschlicherweise für einen Einbrecher gehalten wird, fährt eine Streife hin und wünscht ihm einen schönen Tag.

BZ: Wie reagieren die Profieinbrecher auf verstärkte Polizeipräsenz?

Rotzinger: Wenn wir unseren Kontrolldruck erhöhen, wandern sie schnell in andere Landkreise aus. Sie wollen dort einbrechen, wo es am einfachsten möglich ist und wo es ihnen am wenigsten riskant scheint. Es gibt wöchentliche Wechsel der Einbruchsschwerpunkte.
BZ: Wenn Sie vom Polizeipräsidium Freiburg also mehr Druck machen, dann wird in der Ortenau öfter eingebrochen?

Rotzinger: Im Prinzip schon, aber nur, falls die Ortenauer nicht auch mehr Kontrolldruck machen.

BZ: Wenn Sie verstärkt Einbrecher jagen, welche Aufgaben bleiben dann liegen?

Rotzinger: Im Streifendienst, also bei den Polizeibeamten vor Ort, bleibt nichts liegen. Die Polizeipräsenz im Polizeipräsidium Freiburg leidet folglich nicht unter unseren Maßnahmen im Kampf gegen die Einbrecher. Im Innendienst verlängert sich die Bearbeitungsdauer bei weniger wichtigen Fällen. Bei unserem Personalbestand, etwa 13 Prozent unserer Stellen sind nicht besetzt, müssen wir Prioritäten setzen und die Einbruchskriminalität ist derzeit eine solche Priorität.
Zur Person

Bernhard Rotzinger, 62, leitet seit 2014 das Polizeipräsidium Freiburg. Dessen Zuständigkeit reicht vom nördlichen Breisgau bis an die Schweizer Grenze.

BZ: Wenn Polizisten zu Fuß durch Wohngebiete in Einbruchsschwerpunkten laufen, was derzeit geschieht – geht es da in erster Linie darum, Einbrecher zu jagen, oder geht es darum, das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger zu stärken?

Rotzinger: Uns geht es immer um beides. Das beste Mittel, das Sicherheitsgefühl der Bürger zu stärken, ist zweifellos, wenn die Zahl der Einbrüche zurückgeht.

BZ: Die Landesregierung hat gerade angekündigt, Polizisten die Überstunden zu bezahlen. Gibt das einen Motivationsschub bei der Einbrecherjagd?

Rotzinger: In erster Linie geht es nicht um Motivation, sondern um Personalressourcen. Kein Polizist ist verpflichtet, sich seine Überstunden ausbezahlen zu lassen. Es gibt aber Kollegen, die das durchaus gern tun. Wir haben 140. 000 Überstunden angehäuft. Wenn wir nur einen Teil davon auszahlen können, haben wir entsprechend mehr Kollegen im Einsatz. Deshalb begrüße ich den Schritt der Landesregierung ausdrücklich.

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BZ: Mannheimer Forscher wollen herausgefunden haben, dass dort besonders häufig eingebrochen wird, wo eine Polizeidienststelle besonders weit weg ist. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen?

Rotzinger: Das erschließt sich mir nicht. Entscheidend scheint mir nicht die Anwesenheit eines Polizeigebäudes zu sein, in dem die Beamten sitzen, sondern die Präsenz der Polizisten auf der Straße. Wir können belegen, dass unsere stärkere Präsenz und mehr Kontrollen in der Stadt Freiburg zu einem deutlichen Rückgang der Straßenkriminalität um ein Viertel in zwei Jahren geführt hat. Und die Einbrecher, die gerade unterwegs sind, nehmen den Kontrolldruck auf der Straße sicher wahr und orientieren sich nicht an den Anschriften von Polizeidienststellen.
Tipps gegen Einbrecher

Die Polizei empfiehlt, einige Tipps zu beherzigen, um sich vor Einbrüchen zu schützen. Diese geschehen übrigens häufig zur Tageszeit.
  • Fenster, Balkon- und Terrassentüren sollten auch bei kurzer Abwesenheit verschlossen werden.
  • Gekippte Fenster sind leicht zu öffnen, also besser schließen.
  • Auch Kellerfenster bilden häufig eine Schwachstelle und sollten verschlossen werden.
  • Rollläden sollten zur Nachtzeit – nicht tagsüber – geschlossen werden, damit sie nicht sofort die Abwesenheit der Bewohner signalisieren. Da Roll- und Klappläden durch Hochschieben relativ leicht überwunden werden können, werden von der Polizei Zusatzsicherungen empfohlen.
  • Die Türe sollte nicht nur ins Schloss gezogen werden (auch nicht bei nur kurzer Abwesenheit), sondern immer zweifach abgeschlossen werden. Bei Neu- und Umbauten machen einbruchhemmende Türen Sinn.
  • Haus- oder Wohnungsschlüssel sollten niemals draußen versteckt werden.
  • Bei Schlüsselverlust immer den Schließzylinder auswechseln lassen.
  • Bei einer Tür mit Glasfüllung sollte der Schlüssel niemals innen stecken gelassen werden.
  • Auf Klingeln sollte nicht bedenkenlos geöffnet werden. Besser: Türspion und Sperrbügel benutzen.
  • Licht wirkt auf Einbrecher abschreckend. Einbruchgefährdete Stellen am besten beleuchten.
  • Mülltonnen, Gartenmöbel, Leitern, Rankgerüste und hausnahe Bäume eignen sich als Aufstiegshilfe für Einbrecher. Sie sollten weggeschlossen oder entfernt werden.
  • In Mehrfamilienhäusern sollte der Hauseingang auch tagsüber geschlossen bleiben.
  • Sind die Nachbarn in den Urlaub gefahren, sollte deren Briefkasten geleert werden. Es geht darum, einen bewohnten Eindruck zu erwecken.
  • Trifft man tatsächlich mal einen Einbrecher an, warnt die Polizei davor, den Helden zu spielen. Besteht die Möglichkeit, lieber sofort die Polizei verständigen. Eine gute Täter- und Fluchtfahrzeugbeschreibung hilft.
  • Bei Gefahr (Hilferufe, ausgelöste Alarmanlage) und in dringenden Verdachtsfällen die Polizei über Notruf 110 verständigen.

Ressort: Südwest

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