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Österreich steht wegen Skandal-Video vor Neuwahl

  • dpa

  • Mo, 20. Mai 2019
    Ausland

Geheime Aufnahmen des Vizekanzlers Strache führen zum Bruch der Regierung in Wien.

Sebastian Kurz ist am Sonntag auf dem ... Präsident  Alexander Van der Bellen.   | Foto: hans Punz (dpa)
Sebastian Kurz ist am Sonntag auf dem Weg zu Gesprächen mit Präsident Alexander Van der Bellen. Foto: hans Punz (dpa)

WIEN (dpa). Nach dem Bruch der rechtskonservativen Koalition in Österreich soll Anfang September ein neues Parlament gewählt werden. Das kündigte Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Sonntag nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an. Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache war zuvor zurückgetreten, nachdem ein Video publik geworden war, das zeigt, wie Strache einer vermeintlichen russischen Oligarchin 2017 auf Ibiza öffentliche Aufträge in Aussicht stellte, wenn sie seiner Partei zum Wahlerfolg verhelfe.

Das Land brauche möglichst bald einen Neuaufbau des Vertrauens in die Politik, sagte Van der Bellen. Es gehe um das Wohl des Landes und das Ansehen Österreichs in der Welt. Kurz sagte: "Die Neuwahlen waren kein Wunsch, sie waren eine Notwendigkeit." In den Monaten bis zur Wahl müsse ein Maximum an Stabilität hergestellt werden. Dazu werde er Gespräche mit allen Parteien führen.

Hintergrund ist ein heimlich aufgenommenes Video, in dem sich Strache vor der Parlamentswahl 2017 bereit zeigt, als Gegenleistung für verdeckte Wahlkampfhilfe öffentliche Aufträge an die angebliche Nichte eines russischen Oligarchen zu vergeben. Diese solle im Gegenzug die auflagenstärkste Zeitung Österreichs, die Kronen Zeitung, erwerben und die FPÖ publizistisch fördern. Das Video sei niederträchtig, sagte Strache. Er sprach von einer "Schmutzkübel-Aktion" und einem "geheimdienstlichen Angriff".

Kurz hatte die Koalition seiner ÖVP mit der rechtspopulistischen FPÖ am Samstag nach einem Treffen mit Strache aufgekündigt. Der Kanzler erklärte, in den Gesprächen, die er mit der FPÖ geführt habe, habe er nicht den Eindruck gewonnen, dass die Partei zu grundlegenden Veränderungen bereit sei. Die FPÖ schade dem Reformprojekt seiner Regierung und dem Ansehen des Landes: "Genug ist genug." Im Gespräch mit der Bild-Zeitung schloss Kurz nicht aus, dass sich Strache durch seine Äußerungen strafbar gemacht haben könnte. Verkehrsminister Norbert Hofer wurde am Sonntag zum FPÖ-Parteichef bestimmt. Johann Gudenus, der im Video gedolmetscht hatte, gab seinen Austritt aus der FPÖ bekannt. Nach nur 18 Monaten ist das rechtskonservative Bündnis gescheitert. Welche Auswirkungen das auf die Europawahl hat, ist offen.

Das Video, das dem Spiegel und der Süddeutschen Zeitung zugespielt und von beiden Medienhäusern zeitgleich veröffentlicht worden war, wurde nach Worten eines Spiegel-Redakteurs nicht gezielt vor der Europawahl veröffentlicht. Das sagte Spiegel-Redakteur Wolf Wiedmann-Schmidt dem Sender n-tv. "Wir haben das Video im Laufe des Monats bekommen und ausgewertet. Und als wir uns dann sicher waren, dass es authentisch und echt ist, haben wir gesagt: Dann publizieren wir das Video." Woher das Material kommt, könne er aus Quellenschutzgründen nicht sagen, so Wiedmann-Schmidt. Laut Süddeutscher Zeitung wurde das Material in einem verlassenen Hotel auf USB-Sticks übergeben. Satiriker Jan Böhmermann hatte bereits im April Andeutungen über den Inhalt des Videos gemacht –, also bevor es der Spiegel hatte.

Ressort: Ausland

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