In Omsk dauert der Winter das halbe Jahr. Er verklebt die Wimpern der Menschen und verschließt ihre Nasen. Doch das macht ihnen nichts aus / .
S ie wartet nicht auf den Sommer. Sie sitzt in einem weißen Kleinbus und fährt durch die Nacht. Die Straße ist breit, hinten zerfließt eine Trabantenstadt in grünlichem Laternenlicht. Die Menschen im Bus unterhalten sich nicht. Sie bewegen sich nicht. Dunkle Mäntel aus Filz umgeben ihre Körper wie Kokons. Manchmal bremst der Bus, dann schnellen alle gleichzeitig nach vorn. Später beschleunigt er wieder, und alle prallen an die Lehnen zurück. Sonst haben sie nichts miteinander zu tun. Sie sehen sich nicht an. Sie berühren sich nicht. Sie frieren.
Die Stadt ist ein Monster, geschaffen aus Erdöl, Waffen und Kommunismus, tausend Kilometer hinter dem Ural, zwischen den Sümpfen und Urwäldern im Westen Nordasiens. Lange her, dass die Zahl der Menschen hier zum Klima passte. Gerade 4000 waren es noch um das Jahr 800, die hier das bisschen Frühling, Sommer, Herbst erlebten und anschließend in den barbarischen Winter stürzten. Bald darauf fuhr das erste Linienschiff auf dem Irtysch, dem großen Strom, dann kam die Eisenbahn, dann die Revolution. Im Zweiten Weltkrieg bauten die Sowjets hier ihre vor Hitler ...