Ein großes Feldexperiment
BZ-INTERVIEW mit Erika von Mutius, deren Studien zum Ostdeutschland nach der Wende bis heute die Allergieforschung prägen.
ierzig Jahre lebten in Ost und West Deutsche unter unterschiedlichsten Bedingungen. Nach dem Mauerfall eilten Allergologen in den Osten. Sie wollten anhand der verrußten DDR endlich beweisen, dass Luftverschmutzung Allergien auslöst. Doch ihre Zahlen erbrachten das Gegenteil: In der DDR gab es nur halb so viel Allergien wie im Westen. Eine Erkenntnis, die alle bisherigen Thesen über den Haufen warf. Die Kinderärztin Erika von Mutius publizierte die erste Studie dazu. Katharina Meyer befragte sie zum Jackpot ihrer Forscherinnenlaufbahn.
VBZ: Die einen aßen Kiwi, die anderen heimische Früchte, die einen hatten saubere Luft, die anderen braune Häuser vor lauter Abgasen, bei den einen blieben die Kinder lange bei der Mutter, die anderen schickten sie in Kitas. Die unfreiwillige Trennung in Ost und West hatte aus Sicht der Forschung etwas von einem riesigen ungeplanten Feldexperiment, das mit der Wende plötzlich zu Ende ging. Wie haben Sie das empfunden, Frau von Mutius?Mutius: Es war einmalig, tatsächlich fast wie ein großes Experiment. Gerade bei Asthma und Allergien spielen die Gene eine Rolle. Und in diesem Fall waren ...