Lesetipp

Die Einsamkeit der Fakten

René Zipperlen aus der Kultur-Redaktion empfiehlt "Libra. Sieben Sekunden" von Don DeLillo.  

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  | Foto: Juri Schwannauer
Foto: Juri Schwannauer

"Fakten sind einsam", heißt es in Don DeLillos vielleicht packendstem Roman "Libra" über die Kennedy-Ermordung. 1988 konnte der US-Autor noch nicht ahnen, dass darauf einmal ein Präsident seine Regentschaften stützen würde. Was wäre Donald Trump ohne "Alternative Fakten", "Fake News" und böse Verschwörungserzählungen? DeLillo hat 1988 die mythenumrankten Schüsse von Dallas 1963 als Zäsur gesehen: Sie haben die Trennwand zwischen Glaubwürdigkeit und Manipulation zerstört. Willkommen in der Paranoia. Der hatte sich schon 1966 Thomas Pynchon in "Los 49" gewidmet, bei dem man nie weiß, ob das ganze Land wirklich von einer geheimen Verschwörung unterwandert ist oder uns die Erzählung davon nur irr machen soll. DeLillo jedenfalls zeichnet historisch präzise die Biographie von Harvey Oswald nach, der alleine auf Kennedy geschossen haben soll. Gleichzeitig erzählt er aber genauso glaubwürdig von einer CIA-Verschwörung, die Oswald als Spielfigur benutzt. Und dann ist da noch CIA-Archivar Branch, der Jahre später aus dem Dickicht von Hinweisen, Gerüchten, Lügen und Widersprüchen so etwas wie die Wahrheit herausarbeiten soll. Trump hat die Herausgabe aller Akten versprochen, um alle Verschwörungserzählungen zu beenden. Nun ja. Wie schrieb Joseph Heller 1953? Dass du paranoid bist, bedeutet nicht, dass sie nicht hinter dir her sind.

Don DeLillo: Libra. Sieben Sekunden. Aus dem Amerikanischen von Hans Hermann. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2018. 608 Seiten, 26 Euro.

Schlagworte: Don DeLillo, Harvey Oswald, Donald Trump

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